«Ich will den Menschen zeigen, dass es auch anders geht.»

Im Rahmen unserer Kampagne für ein Recht zu Reparieren und einen umweltbewussten Konsum haben wir nach engagierten Menschen gesucht, die sich täglich für den Schutz unserer Ressourcen einsetzen. Denn wir konsumieren zu viel – und werfen zu viel weg. Die Kreislaufwirtschaft ist ein wichtiger Ansatz, um aus dieser Wegwerfkultur auszubrechen. Für dieses zweite Porträt sprachen wir mit Felix Tenger, der freiwillig im Repair Café Suhr mitrepariert.

DREI FRAGEN AN FELIX  

  • Was machst du?  
    • «Im Repair Café Suhr repariere ich zehn Mal jährlich ehrenamtlich alle möglichen Gegenstände: Velos, Mixer, Möbel.»
  • Warum?  
    • «Das Basteln und Tüfteln bereitet mir Freude. Und ich will den Leuten zeigen, dass es auch anders geht. Wir müssen nicht alles gleich wegwerfen und neu kaufen.»
  • Was wäre deiner Meinung nach nötig, um mehr Reparaturen zu ermöglichen?
    • «Ganz klar: Die Industrie muss dazu verpflichtet werden, ihre Geräte reparierbar zu machen. Reparatur-Hürden und geplante Obsoleszenz sollten verboten werden.»

Fast monatlich fährt Felix Tenger mit seinem Velo von seinem Wohnort im Berner Mittelland ins Suhrer Schulhaus. Gut dreieinhalb Stunden ist er unterwegs. «Das dauert zwar, aber ich hatte Bewegung – und es gibt immer etwas zu erleben», erzählt der pensionierte Aussendienstler mit einem Lachen. 

2019 lernte Felix durch seine Lebenspartnerin das Repair Café Suhr kennen. Seither repariert auch er ehrenamtlich mit. Eine Gruppe von zehn bis fünfzehn Freiwilligen im Alter von 40 bis 70 Jahren widmet sich monatlich den defekten Gegenständen der Besucher:innen. Spielzeug, Kleider, Vorhänge, Laptops, Kaffeemaschinen, Mixer, Erb- und Lieblingsstücke oder Gebrauchsgegenstände wie Ikea-Möbel werden hier zur Reparatur vorbeigebracht. Das klappt nicht immer, aber meistens. 

Begeisterter Reparateur

Die Begeisterung fürs Tüfteln ist hörbar, wenn Felix erzählt: Ausprobieren müsse man, meint er, manchmal liesse sich der entscheidende Kniff im Internet finden. «Es kann schon vorkommen, dass wir eine Kaffeemaschine zu dritt reparieren», grinst Felix, «sechs Augen sehen mehr und die gemeinsame Diskussion hilft auch weiter». Genau diese Team-Arbeit bereite Freude und immer gäbe es etwas Neues zu lernen. 

Von Reparaturhürden und Unterstützer:innen

Das Repair Café Suhr hat gute Rahmenbedingungen: Die Gemeinde unterstützt die Initiative und stellt Ihnen die Werkräume der Schule zur Verfügung – inkl. Werktischen und Maschinen. Kleinere, häufig benötigte Ersatzteile und Spezialwerkzeuge kauft Stephan Wicki ein, der mit seiner Frau Tanja das Repair Café in Suhr organisiert. Bezahlt werden die Ausgaben aus den freiwilligen Spenden der Besucher:innen. 

Auch Stephan und Tanja Wicki arbeiten ehrenamtlich. Sie erstellen die Jahresplanung, koordinieren die Einsätze der Reparateur:innen, sorgen für die Werbung, behalten das Budget im Blick, suchen und bestellen die richtigen Ersatzteile, verpflegen die Reparateur:innen und vieles mehr. «Es ist die Organisation, 1000 kleine Aufgaben, die wirklich aufwändig sind. Im Vergleich dazu ist mein Einsatz klein», betont Felix.

Oft sind die Reparaturen aufwändig: 1,5 Stunden brauchen die Freiwilligen durchschnittlich pro Gegenstand. Fast die grösste Herausforderung wartet bereits zu Beginn: Viele Gehäuse lassen sich nicht einfach so öffnen. «Viele grosse Hersteller:innen tun ihr Bestes, um Reparaturen zu verhindern. Kleinfirmen machen das oft besser», fasst Felix zusammen. Manchmal hilft Spezialwerkzeug, der richtige Kniff, oder einfach viel Geduld und Experimentierfreude. Die grosse Mehrheit der Gehäuse lässt sich schlussendlich dennoch öffnen. Danach gilt es herauszufinden, wo der Defekt liegt und wie dieser behoben werden kann. 

Gemeinsam mit seiner Frau Tanja organisiert Stephan Wicki die Repair Cafés in Suhr. ©Joël Hunn

Dankbare Besucher:innen

Schön sei es zu sehen, wie sich die Leute über erfolgreiche Reparaturen freuen. Felix erinnert sich an eine junge Frau, die einen defekten Mixer reparieren wollte, den sie von ihrer Mutter bekommen hatte. Sie freute sich so sehr über die Reparatur, dass sie sich nachträglich noch einmal per E-Mail bedankte. 

Die Corona-Pandemie schränkt leider auch diese Begegnungen ein. Während die Besucher:innen vor der Pandemie mittüfteln und -helfen konnten, müssen diese ihre Geräte und Gegenstände aktuell abgeben und fertig repariert wieder abholen kommen. Felix bedauert dies: «Die Menschen erleben den Reparatur-Prozess nicht mehr mit. Vorher konnten wir immer auch Reparatur-Wissen vermitteln.» Auch wir sehen in diesem Wissenstransfer eine wichtige Stärke der Repair Cafés und hoffen, dass Freiwillige und Besucher:innen in Zukunft wieder gemeinsam reparieren können. 

Wir danken Stephan, Tanja und allen Organisator:innen der Repair Cafés, Felix und allen Reparateur:innen für ihre Arbeit und ihr unermüdliches Engagement für mehr Reparaturen!


Repair Cafés in deiner Nähe

Repair Cafés sind kostenlose Reparaturveranstaltungen, die regelmässig in zahlreichen Gemeinden der ganzen Schweiz stattfinden. Freiwillige Reparaturprofis reparieren da gemeinsam mit dir deine defekten Geräte, Fahrräder und Lieblingsstücke. Hier findest du das Repair-Café in deiner Nähne