Seit heute morgen um 7 Uhr halten 10 Greenpeace-AktivistInnen Mahnwache bei den Werksgeleisen des Atomkraftwerks Leibstadt. Rund 300 Protesttafeln säumen die Geleise – auf ihnen sind Botschaften zu lesen, die SympathisantInnen per Internet an Greenpeace übermittelt haben. Beispiele: «Verbrechen Wiederaufarbeitung: Atom-Bosse ab hinter Gitter!» oder «Keine krebskranken Kinder mehr – Stopp Atomtransporte!». Der Protest richtet sich gegen einen Atomtransport von Leibstadt nach La Hague (F). Denn es besteht dringender Verdacht, dass die Transporte gegen das Gesetz verstossen. Die Bundesanwaltschaft musste deswegen vor kurzem sogar eine Strafuntersuchung gegen die AKW-Betreiber und die zuständigen Behörden verfügen.

Leibstadt/Zürich. Viele Menschen unterstützen per Internet die Mahnwache gegen den Atomtransport: Darunter beispielsweise auch der Gewerkschaftsbund der Stadt Zürich. In seiner Botschaft schreibt er: «Es darf nicht sein, dass rechtsstaatliche Grundsätze über Bord geworfen werden, um der Atomlobby zu gefallen!» Einige ProtestteilnehmerInnen fordern die Behörden und Bundesrat Leuenberger auf, sich endlich an die Gesetze zu halten. Die Situation ist tatsächlich erstaunlich: Da verfügt die Bundesanwaltschaft eine Strafuntersuchung gegen die AKW-Betreiber und das Bundesamt für Energie (BfE), weil die Transporte in die Wiederaufarbeitung nach Auffassung von Rechtsexperten gegen das Gesetz verstossen. Das BfE jedoch bewilligt ungeniert weiter. Angesichts der eklatant unsicheren Rechtslage und der ellenlangen Skandalchronik der Wiederaufarbeitung ist dies empörend. Ist die Rücksicht auf AKW-Betreiber schon Tollheit, so hat sie doch Methode: Denn dass Leibstadt in die Wiederaufarbeitung transportieren will, ist nicht weiter verwunderlich – ist es doch die einfachste Methode, Atommüll aus dem Blickfeld verschwinden zu lassen. Dies ist umso wichtiger, als die Atomindustrie bislang nicht fähig war, in der Schweiz ein eigenes Zwischenlager zu errichten, das auch nur den simpelsten Sicherheitsvorschriften genügt. Die atomare Politik der Bequemlichkeit geht allerdings auf Kosten der Rechtsstaatlichkeit – und schädigt Mensch und Umwelt. Derweil sieht man selbst in Frankreich, dem Wiederaufarbeitungsland par excellence, langsam den Irrsinn ein: Die französische Regierung verbietet Deutschland, neuen Atommüll nach La Hague zu liefern, bevor nicht zumindest ein Teil des bereits bearbeiteten deutschen Abfalls zurückspediert werden kann. Aufgrund eines Expertenberichtes kommt Umweltministerin Dominique Voynet zum Schluss, dass Wiederaufarbeitung viel zu teuer sei und die Region um La Hague nicht zum nuklearen Abfallkübel Europas werden dürfe (Interview mit der französischen Wirtschaftszeitung «Les Echos», 31. Oktober 2000). Während die Schweiz mit ihrer Politik der Uneinsichtigkeit das trostlose Schlusslicht der atomaren Abstiegsrunde bildet, wurde in Leibstadt weitere Unterstützung für Greenpeace angekündigt: SympathisantInnen wollen die UmweltschützerInnen mit Birnbrot verköstigen.

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