Sogenannt nachhaltigen Anlagefonds gelingt es bislang nicht, wesentlich mehr Kapital in Richtung einer nachhaltigen Wirtschaft zu lenken als konventionellen Fonds. Das zeigt eine Studie im Auftrag von Greenpeace Schweiz und Greenpeace Luxemburg. Greenpeace Schweiz spricht von Greenwashing und fordert klare Mindestanforderungen für sogenannt nachhaltige Anlagefonds: Nachhaltige Anlagefonds müssen sich mindestens an den Pariser Klimazielen und dem Ziel einer maximalen globalen Erderwärmung von 1.5 Grad ausrichten. Es ist an der Politik, dringend den Finanzplatz – als unser grösster Hebel zur weltweiten Reduktion von Emissionen – auf Paris-Kurs zu bringen.

Immer mehr Menschen wollen ihr Geld nachhaltig anlegen, das Geschäft mit sogenannt nachhaltigen Anlagefonds boomt. Der Grossteil dieser Produkte trägt aber nicht zur Lösung der Klimakrise bei. Das zeigt eine Studie der Schweizer Nachhaltigkeits-Ratingagentur Inrate im Auftrag von Greenpeace Schweiz und Greenpeace Luxemburg. Die Studie untersuchte, ob es Anlagefonds, die von Banken und Vermögensverwaltern als nachhaltig bezeichnet werden, tatsächlich gelingt, mehr Kapital in eine nachhaltige und klimafreundliche Wirtschaft zu lenken, und ob gängige nachhaltige Anlagestrategien zu einer solchen Lenkungswirkung beitragen. Dazu wurden 51 Fonds aus dem Retail-Segment analysiert, die sowohl in der Schweiz als auch in Luxemburg zum Vertrieb zugelassen sind.

Nachhaltige Fonds wirken nur minimal besser auf ESG-Bereiche ein

Die Studie zeigt: Die untersuchten Fonds schaffen es bislang kaum, mehr Kapital in Richtung einer nachhaltigen Wirtschaft zu lenken als konventionelle Fonds. Die sogenannt nachhaltigen Anlagefonds haben einen minimal besseren ESG-Impact-Score. Das heisst, die betreffenden Fonds wirken nur minimal besser auf die Bereiche «Environmental», «Social» und «Governance» (ESG), also Umwelt, Gesellschaft und gute Geschäftsführung ein. Der Unterschied ist so klein, dass die sogenannt nachhaltigen Anlagefonds im ESG-Impact-Rating von Inrate kaum merklich besser bewertet werden als konventionelle Fonds. Im Klartext heisst das: Die sogenannt nachhaltigen Anlagen, welche im Moment angeboten werden, sind nicht nur kaum nachhaltig, sie schaden sogar dem Klima. Die Analyse kann zudem nicht nachweisen, dass die untersuchten Fonds die CO2-Emissionen investierter Unternehmen statistisch signifikant reduzieren. 

Warum? «Nachhaltigkeit wird nicht umfassend genug betrachtet. Zudem setzen Asset Manager kaum spezifische und messbare Ziele für die Fonds bezüglich deren Wirkung auf Umwelt und Klima», sagt Larissa Marti, Expertin für Finanzwirtschaft bei Greenpeace Schweiz. So werden zum Beispiel Ausschlusskriterien für Kohleunternehmen zu lasch formuliert und Schlupflöcher bleiben. Es mangelt auch an der nötigen Konsequenz: Bezüglich Nachhaltigkeit fokussieren die Anlagerichtlinien teilweise nur auf wenige Branchen wie die Rüstungs- oder die Zementindustrie und schliessen diese aus. Andere – komplexere – Bereiche wie zum Beispiel die Landwirtschaft werden kaum genauer analysiert und in die Nachhaltigkeitsüberlegungen miteinbezogen. Nicht überraschend kommt die Studie zudem zum Schluss, dass die gängigen nachhaltigen Anlagestrategien kaum wirksam sind, um mehr Geld für eine nachhaltige Wirtschaft bereitzustellen. Nur umweltbezogene Themenfonds konnten den ESG-Impact-Score erhöhen, wenn auch minim. 

«Die Resultate sind besorgniserregend. Kundinnen und Kunden werden Anlageprodukte angeboten, die aufgrund ihrer Bezeichnung einen positiven Einfluss auf Umwelt und Gesellschaft implizieren, die aber diese Wirkung in den allerwenigsten Fällen erzielen. Banken und Vermögensverwalter betreiben aus unserer Sicht Greenwashing», sagt Larissa Marti.

Diesen Vorwurf erhebt Greenpeace Schweiz auch deshalb, weil die Erwartungen der Anlegerinnen und Anleger an nachhaltige Anlagefonds klar sind: Eine repräsentative Umfrage vom Forschungsinstitut GFS-Zürich im Auftrag von Greenpeace Schweiz zeigt nämlich, dass 36 Prozent der Befragten von nachhaltigen Anlagefonds mindestens einen Umverteilungseffekt erwarten, also mehr Investitionen in nachhaltigere Unternehmen. 53 Prozent der Befragten sind überdies der Meinung, dass eine nachhaltige Geldanlage mindestens klimaverträglich und somit im Einklang mit den Pariser Klimazielen sein soll. 

Standard muss eine klimafreundliche Wirtschaft befördern  

Um die Klimakrise zu lösen, muss weltweit die Wirtschaft klimafreundlich werden. Damit diese Transformation gelingt – und beschleunigt wird – ist es unabdingbar, dass Investorinnen und Investoren mit ihrem Kapital eine nachhaltige Zukunft finanzieren und nicht den Sta­tus quo zementieren. Dazu braucht es Finanzinstrumente, die x Milliarden Franken an Investitionen in nachhaltige und zukunftsfähige Unternehmen und Projekte leiten. Darum verlangt das Pariser Klimaabkommen die klimafreundliche Ausrichtung der Finanzflüsse. 

«Der Etikettenschwindel bei nachhaltigen Anlagefonds schadet Klima und Umwelt. Und er läuft dem Ziel der Schweiz zuwider, ein führender Standort für Sustainable Finance zu werden», sagt Peter Haberstich, Projektleiter Klima und Finanzwirtschaft bei Greenpeace Schweiz. «Bundesrat und Parlament müssen verhindern, dass der Schweizer Finanzplatz zu einem Discounter für Greenwashing wird.»

Die Umweltorganisation fordert Mindestanforderungen für sogenannt nachhaltige Anlagefonds: Als nachhaltig ausgewiesene Anlagefonds müssen in Wirtschaftsaktivitäten investiert sein, deren Emissionsabsenkpfad mit den Pariser Klimazielen und einer maximalen Erderwärmung von 1.5 Grad vereinbar ist. Nachhaltige Anlageprodukte müssen also dazu führen, dass in der Realwirtschaft die Emissionen sinken. Die Rahmenbedingungen für einen solchen Standard sind von der Politik zu schaffen, nicht von der Branche selber, weil die Finanzwirtschaft mit Selbstregulierung bislang keine wirkungsvollen Lösungen erarbeitet hat. 

«Unser Finanzplatz ist unser grösster Hebel zur weltweiten Reduktion von Emissionen», sagt Peter Haberstich. Die Politik muss deshalb schnellstmöglich dafür sorgen, dass der Finanzplatz alle seine Aktivitäten auf die Erreichung der Pariser Klimaziele und den Schutz der Biodiversität ausrichtet.


Weitere Informationen:

Kontakte

  • Larissa Marti, Expertin Klima und Finanzwirtschaft bei Greenpeace Schweiz: +41 44 447 41 15, [email protected]  
  • Peter Haberstich, Projektleiter Klima und Finanzwirtschaft Greenpeace Schweiz: +41 76 337 44 49, [email protected] 
  • Medienstelle Greenpeace Schweiz, +41 44 447 41 11, [email protected]