Zwei Jahre nach der russischen Invasion sind unsere Gedanken und Herzen bei den Menschen in der Ukraine. Seit Februar 2022 haben wir jeden Tag Tod, Gewalt, Entführungen, Massaker, Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung in einem schrecklichen Ausmass erlebt. Greenpeace ist solidarisch mit den Menschen in der Ukraine. Wir rufen die internationale Gemeinschaft dazu auf, ihre Massnahmen zur Verringerung des humanitären Leids deutlich zu verstärken, um die Menschen in der Ukraine zu schützen.

Unterstützung beim grünen Wiederaufbau

Seit Beginn der russischen Invasion im Jahr 2022 hat sich Greenpeace bemüht, den Menschen in der Ukraine zu helfen. An mehreren Orten in der Ukraine unterstützt Greenpeace den Wiederaufbau, indem wir kriegsgeschädigte Gebäude und Infrastruktur instand setzen und dies mit einer umweltorientierten Modernisierung verbinden. Der Einsatz von Solarenergie und Energieeffizienzmassnahmen beim Wiederaufbau verbindet die Notwendigkeit der Sanierung mit einem Übergang zu einem widerstandsfähigeren und nachhaltigeren System. Dieser so genannte «grüne Wiederaufbau» macht die Infrastruktur umweltfreundlicher, wirtschaftlich nachhaltiger und auch weniger anfällig für militärische Angriffe. Ein gutes Beispiel ist das Krankenhaus von Horenka (Butcha). Inspiriert von diesen Beispielen haben auch andere Gemeinden in der Ukraine ähnliche Initiativen ergriffen, um sich gegen die anhaltenden russischen Angriffe zu wappnen und die Gesellschaft mit erneuerbarer Energie zu versorgen. Greenpeace schult und ermutigt auch Gemeindevertreter (in Workshops, Camps und einer Studienreise ins Ausland), diesen positiven Beispielen zu folgen und ein Netz grüner Gemeinden zu bilden. 

Ein durch den Krieg beschädigtes Krankenhaus in der Nähe von Kiew wurde auf nachhaltige und umweltfreundliche Weise wieder aufgebaut. Greenpeace initiierte zusammen mit ukrainischen NROs die Installation einer Wärmepumpe und einer Solaranlage für das Horenka-Krankenhaus.
© Oleksandr Popenko / Greenpeace

Anhaltende nukleare Gefahr

Darüber hinaus haben wir bereits zwei Tage vor dem eigentlichen Angriff auf das Kernkraftwerk Saporischschja im März 2022 in unserem ersten Bericht ausführlich dargelegt, wie anfällig die Reaktoren für Schäden am Stromnetz und den Verlust von Kühlwasser sind und welche enorme Gefahr dies für die Menschen in der Ukraine und weit darüber hinaus darstellt. In den zwei Jahren, die seitdem vergangen sind, haben wir weitere Einschätzungen zu den Geschäften von Rosatom mit europäischen Atomunternehmen veröffentlicht und dargelegt, warum Sanktionen verhängt werden müssen, um den Handel mit dem kriminellen Atomkonzern zu unterbinden. Der McKenzie-Bericht zeigt anhand von Satellitenbildern, wie die russischen Streitkräfte den Standort als Abschussrampe für Raketenangriffe auf die Bevölkerung von Nikopol nutzen. In Zusammenarbeit mit der ukrainischen Nichtregierungsorganisation SaveDnipro unterstützen wir die Bevölkerung in der Südukraine zusätzlich durch die Lieferung und Installation von Strahlungssensoren, um das bestehende öffentliche Informationsnetz im Falle eines schweren nuklearen Notfalls in einem der ukrainischen Kernkraftwerke zu ergänzen. 

Dokumentation von Kriegsverbrechen

Nach der russischen Räumung von Tschernobyl führte ein internationales Team von Greenpeace im Juli 2022 die erste unabhängige Strahlungsuntersuchung durch. Unterstützt von ukrainischen Wissenschaftler:innen und Beamt:innen der staatlichen Agentur der Ukraine für die Verwaltung der Sperrzone dokumentierten wir russische Kriegsverbrechen in Tschernobyl. Es war alarmierend, von der vorsätzlichen Zerstörung wissenschaftlicher Ausrüstung durch die russischen Streitkräfte, dem Diebstahl von Computern und einzigartigen historischen Strahlungsdaten zu hören, die für die wichtige Arbeit der ukrainischen Wissenschaftler:innen in Tschernobyl unerlässlich sind. Als wir die Strahlung in den vom russischen Militär angelegten Gräben in der Nähe des hochgradig kontaminierten Roten Waldes massen, wurde deutlich, dass sie die nukleare Sicherheit und den Schutz der Umwelt völlig ausser Acht lassen. 

Greenpeace-Mitarbeitende und Mitarbeitende des ukrainischen Ökozentrums nehmen Bodenproben in der Umgebung der Kühlteiche des Kernkraftwerks Tschernobyl.
© Shaun Burnie / Greenpeace

Am 6. Juni 2023 haben wir die Zerstörung des Kachowka-Damms durch die russischen Streitkräfte verurteilt. Unsere Expert:innen veröffentlichten einen auf Satellitenbildern basierenden Bericht über die Folgen der Zerstörung des Kachowka-Damms für die Ökologie und das Kernkraftwerk Saporischschja. Wir fühlen uns geehrt, dass wir mit ukrainischen Menschenrechtsermittler:innen, insbesondere mit den Truth Hounds, zusammenarbeiten können, die wichtige Arbeit leisten, um russische Kriegsverbrechen zu dokumentieren. Greenpeace ist entschlossen, seine Untersuchungen fortzusetzen und Beweise zu sammeln, die eine Strafverfolgung Russlands wegen internationaler Kriegsverbrechen gegen die Umwelt rechtfertigen.

Protest am berühmten Riesenrad in der verlassenen Stadt Pripyat in der Nähe des Kernkraftwerks Tschernobyl, Ukraine.
© Shaun Burnie / Greenpeace

Bisherige Sanktionen und Massnahmen sind ungenügend

Russlands gross angelegter Einmarsch in die Ukraine ist ein entscheidender Moment in der Weltordnung nach 1945 und ein klarer Verstoss gegen die Charta der Vereinten Nationen, die die Souveränität und territoriale Integrität aller Nationen gewährleistet. Die verheerenden Folgen für die Menschen, die Wirtschaft, die Umwelt und die Sicherheit in der Ukraine haben auch regional und weltweit ungeahnte Ausmasse angenommen. Es ist daher von globaler Priorität, dass der illegale Krieg Russlands nicht fortgesetzt wird. Am Jahrestag der russischen Invasion in der Ukraine müssen wir feststellen, dass die verhängten internationalen Sanktionen und die von der internationalen Gemeinschaft geleistete Hilfe und Unterstützung nicht ausgereicht haben, um die Ukraine von der russischen Aggression zu befreien. Wir sind der Meinung, dass die internationale Gemeinschaft ihre Bemühungen deutlich verstärken muss, um dem ukrainischen Volk sein Recht auf ein Leben in Frieden und Nachhaltigkeit zu gewähren. In den kommenden Monaten und Jahren wird Greenpeace die Ukraine auf ihrem Weg zum grünen Wiederaufbau und zur Erholung verstärkt unterstützen.