Vor 20 Jahren war ich auf einer Expedition unterwegs, die den Meeresboden kartieren sollte. Wir waren vor Ort und haben Fotos gemacht. Zufällig hatte ich gerade Dienst. Es war ein echter Glücksfall. Wir waren nicht auf der Suche nach etwas Besonderem, wir stolperten einfach darüber.

Die Entdeckung von Lost City war der aufregendste Moment meiner Karriere, und es war ein Zufall.

Zu Beginn waren wir uns nicht sicher, was wir sahen. Unser wissenschaftliches Verständnis und unsere Kenntnisse wurden auf eine harte Probe gestellt, denn so etwas hatten wir noch nie gesehen. Zuerst erkannten wir Korallen, dann riesige weisse Strukturen, hydrothermale Geysire, die heisses Wasser in den Ozean ausstiessen.

Einige der Kamine und Strukturen sahen aus wie Kathedralen. Deshalb nannten meine Kollegen den Ort «Lost City». Der Name passt wunderbar, weil wir auf dem Forschungsschiff Atlantis waren, das eine Bergkette namens Atlantis-Massiv kartierte, welche an der Atlantis-Bruchzone liegt, in über 4000 Metern Tiefe.

Die Schönheit von Lost City ist schwer zu beschreiben. Nie werde ich meine Ehrfurcht vor diesem Gebilde verlieren. Ich kann mir stundenlang Videomaterial davon ansehen. Es ist kaum zu glauben, dass es auch in 800 Metern Tiefe Farben gibt. Alles ist farbig, die Korallen und sogar die Krabben. Es ist doch dunkel da unten, warum brauchen die Dinge Farbe?

Ich freue mich jedes Mal über die Chance, nach Lost City zurückzukehren. Es ist, als würde man an einen besonderen Ort zurückkehren, an dem man gerne in die Ferien ging.

Ich war vier Mal dort, seit wir Lost City vor 20 Jahren entdeckt haben. Ich würde gerne öfters hingehen, aber Reisen in die Tiefsee sind teuer. Es braucht Jahre, um eine wissenschaftliche Expeditionen zu finanzieren und neue Erkenntnisse präsentieren zu können.

Wir haben nicht viele solche Gebiete gefunden. Lost City ist das einzige im Atlantik. Wir wissen immer noch nicht, wie sich diese Systeme gebildet haben oder wie sie sich seit Jahrtausenden behaupten können. Wir wissen und verstehen so wenig vom Meeresboden, dass man sich fragt, wie viele Überraschungen noch auf uns warten.

Jedes Mal, wenn wir da unten waren, kommen wir mit mehr Fragen zurück. Enthält Lost City Informationen darüber, wie sich die Erde gebildet hat? Sind dort die Bausteine des Lebens zu finden? Wir wissen es noch nicht…

In ein paar Jahren werden wir ein besseres Verständnis davon haben, aber selbst dann können wir nicht sagen: «Wartet noch zehn Jahre, und dann könnt ihr hingehen und alles zerstören». Wissenschaftliche Forschung ist nie zu Ende.

Ich möchte Lost City unbedingt schützen. Selbst als Wissenschaftlerin tut es mir weh, eine kleine Probe davon für die Forschung abzubrechen. Man will den Ort einfach bewahren.

Es gibt keine Regeln für den Besuch von Lost City. Keine zuständige Regierung, keine geltenden Richtlinien, keine Bewilligungspflicht, dorthin zu gehen und zu tun, was immer man will. Lost City gehört mir nicht, es gehört niemandem. Ich betreibe einfach meine Forschung weiter. Solche Orte gehören niemandem. 

Während Sie diese Zeilen lesen, zeichnen Tiefseebergbau-Konzerne sorglos Linien auf der Karte und kaufen sich den Meeresboden. Als ob er nur darum ginge, nach der Beute zu greifen.

Es ist teuer, in der Tiefsee zu baggern und Rohstoffe zu fördern. Aber es wird sehr verlockend, sobald Mineralien immer seltener werden. Wir können keinen Präzedenzfall schaffen, dass jeder seine Bagger in die Tiefe schicken und mit unseren Ozeanen tun kann, was er will.

Wenn Bagger nach Lost City gelangen, werden sie wahrscheinlich enorm viel Staub und Lärm verursachen, und wir wissen nicht, wie sich das auswirken wird. Wir wissen nicht, was dann mit den chemischen Elementen des Ozeans passiert. Wir wissen nicht, was wir stören oder gar zerstören. Und weil wir es nicht wissen, sollten wir auf jeden Fall vorsichtig sein.

Der Schutz der Naturwunder auf dem Meeresboden wäre der erste Schritt zum Schutz unserer Ozeane. Es geht nicht nur Lost City. Wenn wir erforschen, was in unserem natürlichen Labor vor sich geht, können wir mehr darüber erfahren, wie das Leben auf der Erde begann, und vielleicht sogar Erkenntnisse über andere Planeten gewinnen. Schliess dich Gretchen an und fordere einen substantiellen Global Ocean Treaty, der Orte wie Lost City schützt, damit zerstörerische Industrien keinen Zugriff auf die verletzlichsten und wichtigsten Bereiche unserer Meere haben.

Petition für einen globalen Ozeanvertrag

Am 4. März 2023 kam der globale Ozeanvertrag endlich zustande.

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