Sind Mehrwegverpackungen gefährlich? Was sagt die Wissenschaft dazu? Die Ausnahmesituation stellt viele Menschen vor die Frage, wie lange der Coronavirus ausserhalb des menschlichen Körpers überlebt. Ist er durch Berührungen von Oberflächen wie Verpackungen übertragbar? Ist die Angst vor einer Ansteckung über wiederverwendbare Behälter gerechtfertigt? Ein Überblick zu wissenschaftlichen Studien und praktische Ratschläge schaffen Klarheit.

Es liegt in der DNA von Greenpeace, sich an die Fakten zu halten. So auch beim Coronavirus: Eine kürzlich durchgeführte britische Studie zeigt, dass das Virus auf Oberflächen überleben kann, wobei die Dauer je nach Material unterschiedlich lang ist. Bei Kupfer beträgt sie vier Stunden, auf anderen Metalloberflächen 24 Stunden, auf Karton 48 Stunden und auf Kunststoff bis zu 72 Stunden. Daraus lässt sich ableiten, dass das Coronavirus auf Mehrweg- wie auch Einwegbehältern jeglichen Materials auftreten kann. Ratschlag Nummer 1 lautet daher, strikte Hygiene- und Desinfektionsregeln einzuhalten: Gründliches Händewaschen sowie Reinigen der wiederverwendbaren Behälter, Flaschen und Beutel mit heissem Wasser und Seife.

Ist Einweg oder Mehrweg hygienischer?

Seit dem Lockdown bleiben alle Restaurants in der Schweiz geschlossen, einige Lokale bieten Mitnahme- oder auch Lieferservices an. Die Gastronom*innen handhaben die Frage nach Einweg- oder Mehrwegbehältern unterschiedlich. Aufgrund von Bedenken ihrer Mitarbeiter*innen verwenden manche zurzeit einzig Einwegplastik, da es ihnen sicherer scheint. Andererseits bevorzugen einige Kund*innen eigene Mehrwegbehälter: Sie gehen davon aus, nur so die Kontrolle über die Hygiene zu haben, weil sie diese Behälter selbst reinigen.

Das Berner Restaurant Fischerstübli nimmt den Gästen die Entscheidung ab und wird von deren Begeisterung für Mehrwegboxen förmlich überrannt. Und beim Restaurant Samses in Zürich heisst es: «Unsere Gäste dürfen selbstverständlich ihre eigenen Behälter mitbringen.» Jeannette Morath von reCircle, einem Unternehmen, das Mehrwegbehälter für Restaurants anbietet, erklärt: «Unsere Anbieter waschen die Boxen selber ab und wissen somit, dass sie auch wirklich sauber sind. Aus diesem Grund setzen auch viele Restaurants, die neuerdings Essen zum Mitnehmen anbieten, auf unsere Boxen. Darunter Unternehmen, die Mahlzeiten für ältere Menschen ausliefern.»

Leckerbissen in einen Mehrwegbehälter vom Unternemen «reCircle»

Nichts führt am Waschen vorbei

Wie bereits unsere Kolleg*innen von Greenpeace USA festhielten, gibt es in Wahrheit keinen Ersatz für strikte Hygiene. Bloss weil ein Produkt aus Einwegplastik besteht, bedeutet das nicht, dass die Wahrscheinlichkeit der Virenübertragung während der Verwendung geringer ist. Statt die Bemühungen zur Bewältigung der weltweiten Plastikverschmutzung zu unterlaufen, müssen Regierungen und Unternehmen Systeme einführen, welche die Gesundheit der Bevölkerung und der Umwelt fördern – und den Konsument*innen wiederverwendbare Optionen bieten.

Die Ratschläge der Gesundheitsexpert*innen bieten den besten Weg, mit der Corona-Epidemie umzugehen. «Die Entscheidungen, die wir in dieser Krise treffen, sollten sich auf die Wissenschaft und den Rat von Fachleuten des Gesundheitswesens stützen. Und nicht darauf, was Lobbyisten der fossilen Energie- und Kunststoffindustrie behaupten», sagt John Hocevar, Verantwortlicher der Meereskampagne von Greenpeace USA. «Wo immer wiederverwendbare Produkte eine Option sind, liegt es an uns, den Beitrag zum gegenseitigen Schutz zu leisten. Und zwar indem wir Mehrwegprodukte nach jedem Gebrauch gründlich waschen. Über diese Krise hinaus müssen Unternehmen alles nur Mögliche tun, um die hygienische Produkte-Lieferung und -Verteilung zu gewährleisten – und die Gesundheit von Mitarbeiter*innen und Kund*innen sowie die Umwelt zu schützen.»

Hier ein paar Tipps, um bei Fragen zu Mehrwegbehältern und Gesundheit zwischen Realität und Fake News unterscheiden zu können:

Ist es sicher, weiterhin wiederverwendbare Behälter zu verwenden?

Ja, wenn du sie richtig wäschst: Seife und heisses Wasser sind wirksame Mittel, um Oberflächen gegen Viren wie Covid-19 und Bakterien zu desinfizieren. Auch Haushalts- und Industriespülmaschinen sind bei der Desinfektion von Geschirr und Mehrwegbehältern wirksam. Ein Virus kann ein Geschirrspülprogramm nicht überleben laut Vineet Menachery, Assistenzprofessorin für Mikrobiologie an der University of Texas School of Medicine.

Sind Einwegverpackungen sicherer?

Nein, nicht im Vergleich zu sorgfältig gewaschenen Mehrwegbehältern. Einwegartikel können krankmachende Viren und Bakterien enthalten, die sich während der Herstellung, des Transports, der Lagerung und des späteren Gebrauchs festsetzen. Bei Einwegprodukten hast du logischerweise keine Ahnung, wer sie berührt hat. Bei deinem eigenen wiederverwendbaren Behältern hingegen weist du es!

Kann ich immer noch in Unverpackt-Lebensmittelgeschäften einkaufen?

Ja, das kannst du. Das Coronavirus wird vor allem durch Husten, Niesen und Berührungen verbreitet. Solange dein Unverpackt-Geschäft die Massnahmen für das Distanz-Halten und für die Reinigung von Behältern, Theken und Zahlungsmitteln einhält und dafür sorgt, dass die Kund*innen beim Betreten und Verlassen des Geschäfts die Hände desinfizieren können, musst du dich nicht mehr Sorgen als in einem herkömmlichen Lebensmittelgeschäft. Vergiss nicht, deine Behälter vor und nach dem Einkaufen mit heissem Wasser und Seife zu waschen.

Wenn du befürchtest, Träger*in des Virus zu sein, gilt die Regel: Bleib zu Hause und lass dir von jemand anderem deine Einkäufe liefern. Einige Unverpackt-Läden bieten auch einen Lieferservice. Erkundige dich, welche Möglichkeiten bei deinem Wohnort zur Verfügung stehen.

Welche Massnahmen sollten in Zukunft ergriffen werden, um auf diese Art von Gesundheitskrise reagieren zu können, ohne das Zero-Waste-Modell zu untergraben?

Mancherorts haben sich Initiativen entwickelt, um Restaurants und Cafés mit wiederverwendbaren Bechern und sauberen, hygienischen Behältern zum Mitnehmen zu versorgen. Beispielsweise werden verschmutzte Becher in speziellen Behältern gesammelt, in gewerblichen Spülmaschinen gewaschen, desinfiziert und dann wieder eingesetzt.

Grössere Unternehmen verfügen über die Mittel, um auf die Plastikkrise zu reagieren: Sie können neue Systeme kreieren, die den Übergang zu weniger Verschwendung sichern und gleichzeitig höchsten Hygienestandards genügen.

Eines ist sicher: Diese Pandemie wird zwar noch für einige Zeit viele Dinge in unserem Leben beeinflussen, aber sie wird unsere Grundwerte nicht verändern, wie zum Beispiel das Streben nach einem gesunden Planeten und einer fairen und nachhaltigen Wirtschaft.

Möchtest du in der Zwischenzeit weiterhin etwas gegen die Plastikverschmutzung tun und auch in Zeiten von Corona deinen Abfall-Fussabdruck verkleinern ?