Die Alarmglocken läuten immer lauter. Die Vereinten Nationen, Regierungen, Umweltorganisationen und Wissenschaftler:innen warnen vor dem Untergang der FSO Safer. Der verlassene Öltanker liegt mit einer Ladung von 140 000 Tonnen Rohöl im Roten Meer vor der jemenitischen Küste vor Anker. Jetzt bittet die UNO verschiedene Länder um Geld, um das Öl auf ein anderes Schiff zu pumpen. Greenpeace fordert vom Bundesrat, sich an den Kosten zu beteiligen.

Tickende Zeitbombe im Roten Meer

Die FSO Safer ist ein riesiger Ölanker, 360 Meter lang und 70 Meter breit. Das Schiff liegt etwa 8 km von Ras Isa (Jemen) entfernt im Roten Meer vor Anker. Es enthält schätzungsweise 1,1 Millionen Barrel (über 140’000 Tonnen) Rohöl.

Der Einhüllentanker, der früher Esso Japan hiess, wurde 1976 gebaut und 1988 an die jemenitische Regierung verkauft. Er wurde letztmals 2014 vom American Bureau of Shipping (ABS) inspiziert. Seitdem ist er aber wegen des anhaltenden Krieges in Jemen nicht mehr kontrolliert worden. Das Schiff ist «out of class». Das heisst, es ist nicht mehr versichert. Nach sieben Jahren der Vernachlässigung rostet der Schiffsrumpf vor sich in, die Generatoren sind ausgefallen und die Feuerlöscher funktionieren nicht mehr.

Greenpeace hat eine Dokumentation veröffentlicht, in der die humanitären und ökologischen Folgen einer Ölpest oder Explosion auf der FSO Safer beschrieben sind. Wir begrüssen die jüngste Ankündigung, dass eine Einigung über den Umschlag des Öls von der FSO Safer auf einen anderen Tanker erzielt wurde. In der Zwischenzeit aber befindet sich das Schiff weiterhin in desolatem Zustand. Und die mangelnde Vorbereitung auf eine Ölkatastrophe gibt Anlass zu grosser Sorge.

Eine Ölkatastrophe würde die humanitäre Krise verschärfen

Die Lage im Jemen wird als die schlimmste humanitäre Krise der Welt bezeichnet. Mehr als 24 Millionen Menschen – etwa 80 Prozent der Bevölkerung – sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, darunter mehr als 12 Millionen Kinder.

Obwohl alle am Konflikt im Jemen beteiligten Parteien bereits vor einem Jahr vor den Risiken eines Unfalls mit der FSO Safer gewarnt haben, ist die Lage noch immer hochexplosiv. Es müssen dringend die erforderlichen Massnahmen ergriffen werden, damit alle beteiligten Parteien mit den UN-Expert:innen zusammenarbeiten, um dieses Problem zu lösen.

Greenpeace hat dazu aufgerufen, eine Ölsperre um die FSO Safer zu errichten und dringend benötigtes Material zur Bekämpfung von Ölverschmutzungen bereit zu halten.

Jemenitische Fischer landen im September 2006 ihren Fang von Booten an einem Strand an der Küste des Roten Meeres im Bezirk Khokha in der westlichen Provinz Hodeida. © Khaled Ziad / AFP via Getty Images

Die Menschen vor Ort brauchen Schutz

Öl ist eine brennbare Flüssigkeit. Sie enthält giftige und krebserregende Chemikalien, die Leber und Nieren sowie das Nerven- und Blutsystem angreifen können. Die Haut kann Öl absorbieren. Die Dämpfe und der Rauch der Verbrennung können die Lunge schädigen. Das Einatmen des Dampfes oder Nebels kann Kopfschmerzen, Schwindel, Schläfrigkeit und Übelkeit verursachen und zur Bewusstlosigkeit führen.

Wenn es zu einem Ölunfall kommt, ist es die natürliche Reaktion der direkt betroffenen Gemeinden, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um das Chaos zu beseitigen. Die Beseitigung des Öls ist jedoch eine schwierige, gefährliche und anstrengende Arbeit. Die Menschen brauchen spezielle Schutzausrüstung und sind auf einen sicheren Ort für die Lagerung grosser Mengen ölhaltiger Abfälle angewiesen.

In der Nacht zum 25. Januar 2022 wurden etwa 400’000 Liter Rohöl am Strand von Mae Ramphueng in der Provinz Rayong in Thailand angespült, nachdem es aus einer Unterwasserpipeline ausgetreten war. © Chanklang Kanthong / Greenpeace

Alle, die sich an der Ölbeseitigung beteiligen – ob Freiwillige oder Fachleute –, sind gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt. Handschuhe, Schutzkleider und Masken sind erforderlich, um das Einatmen und den Hautkontakt mit dem Öl zu minimieren, einschliesslich des Öls, das sich am Ufer als «Teerkugeln» oder «Teerklumpen» ablagert. Handhygiene- und Wascheinrichtungen sowie spezielle Reinigungsmittel müssen zur Verfügung stehen.

Fehlende Ausrüstung und Giftmüll

Leider fehlen all diese Materialien fast überall, sodass die Menschen vor Ort stark gefährdet sind. Es ist deshalb entscheidend, dass neben der Ausrüstung für die Ölbekämpfung auch persönliche Schutzkleider zur Verfügung stehen.

Bei der Beseitigung des Öls von den Stränden fallen riesige Mengen gefährlicher Abfälle an – oft bis zum Zehnfachen der ausgelaufenen Ölmenge. Für die FSO Safer bedeutet das: Wenn das gesamte Öl auslaufen würde, fielen bis zu 1,5 Millionen Tonnen Giftmüll an.

Hausmülldeponien sind für solch grosse Mengen Giftmüll ungeeignet. Dazu kommt: Würde man den Müll unkontrolliert verbrennen, könnte das Mensch und Umwelt zusätzlich belasten. 

Die Schweiz kann helfen, das Schlimmste zu verhindern

Die Konsequenzen einer Ölkatastrophe im Roten Meer wären verheerend. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass es nicht soweit kommt: Das Öl der FSO Safer kann auf ein anderes Tankschiff umgeladen und abtransportiert werden. Kostenpunkt: 80 Millionen Dollar. Die UNO organisiert am 11. Mai eine Online-Geberkonferenz, zu der auch die Schweiz eingeladen ist. Wir haben Bundesrat Ignazio Cassis einen Brief geschickt. Die Schweiz soll einen Teil der Kosten von 80 Millionen Dollar übernehmen. Die Niederlande haben bereits 7,5 Millionen Dollar zugesichert.