Naderev «Yeb» Saño gehört zu den energischsten Kämpfern für Klimagerechtigkeit. Bis vor kurzem verhandelte er für die Philippinen an einem Klimavertrag, der die Forderungen der am stärksten Betroffenen erhält. An die COP21 nach Paris kam er jedoch nicht als politischer Gesandter, sondern als Anführer der «People`s Pilgrimage». Wir haben ihn in Paris getroffen und mit ihm gesprochen.

Interview von Samuel Schläfli mit  Naderev «Yeb» Saño, dem «Spiritual Leader» der People’s Pilgrimage nach Paris

Naradev Yeb Sano und weitere TeilnehmerInnen der «People's Pilgrimage» in Sidney.

Yeb Saño hat ein dichtes Programm während der Klimaverhandlungen in Paris: Am Mittwochabend, drei Tage vor Abschluss der Klimakonferenz, protestierte er auf dem Konferenzgelände mit anderen Gruppierungen bis spät abends gegen den ersten Draft des Klimavertrags. Die Formulierungen zur Reduktion von CO2-Emissionen und die Anerkennung der Auswirkungen des Klimawandels auf die Menschenrechte sind seiner Meinung nach noch immer zu schwach. Tags darauf wurde er von François Hollande empfangen und später wird er erneut aufs COP21-Gelände in Le Bourget fahren, um auf einer Pressekonferenz zu sprechen. Trotzdem legt er beim Gare du Nord noch einen Zwischenstopp für unser Interview ein – und entschuldigt sich, dass es mit dem Treffen nicht früher geklappt hat. Yeb Saño wirkt im ersten Augenblick unscheinbar, beinahe demütig. Mehr Gandhi als Malcolm X. Seine Anklage von gierigen Unternehmen und uneinsichtigen Regierungen, trägt er ruhig, gefasst, aber bestimmt vor.

Samuel Schläfli: Herr Saño, was haben Sie François Hollande gesagt?

Yeb Saño: Es war ein sehr positives Meeting. Ich habe ihm eine Petition überreicht mit nahezu zwei Millionen Unterschriften, die wir im Rahmen der «People`s Pilgrimage» auf der ganzen Welt gesammelt hatten. Sie stehen für die Forderung nach Klimagerechtigkeit. François Hollande hat uns für die Hoffnung gedankt, die wir mit unserem Marsch nach Paris gebracht haben. Das werte ich als ein positives Signal.

Wird er ihre Botschaft in die offiziellen Verhandlungen mit einbringen?

Er hat es versprochen. Doch Frankreich ist in diesen Gesprächen ja vor allem ein Facilitator. In dieser Rolle hat das Land bisher einen sehr guten Job gemacht. Es hat für Transparenz und den Einbezug aller Parteien gesorgt. Ich hoffe, die anderen Ländern respektieren dies und honorieren es mit einem starken Ergebnis.

Was glauben Sie, wird die Stimme der Zivilgesellschaft in diesen Gesprächen angemessen berücksichtigt?

Ja, im Vergleich zu früheren Klimakonferenzen wurde der Zivilgesellschaft Platz eingeräumt und unsere Forderungen sind sichtbar. Zudem haben die sozialen Medien dazu beigetragen, dass wir uns stärker einbringen können.

Wieso weichen dann die Forderungen der Politik noch immer stark von denjenigen der Zivilgesellschaft ab?

Die meisten Regierungen beanspruchen zwar ihre Bürger zu vertreten, tun dies aber nicht. Die globale Zivilgesellschaft lehrt uns heute, dass die Regierungen meist nicht die Stimmen der Bürger repräsentieren. Diese verlangen nach einem globalen Wandel der Ökonomie, nach einer spirituellen Erweckung und einem neuen ökologischen Bewusstsein.

Wie sieht es mit ihrem eigenen Land aus, den Philippinen? Fühlen Sie sich von ihrer Delegation hier in Paris repräsentiert?

Ja und nein. Einerseits höre ich die Forderung meiner Delegation nach einem ambitionierten Vertrag und danach, dass die Industrieländer, die diese Katastrophe verursacht haben, auch Verantwortung für die verletzlichsten Gemeinschaften tragen. Andererseits hat unsere Regierung soeben den Bau von 50 Kohlekraftwerken bewilligt. Es fehlt die Kohärenz zwischen dem Gesagten und dem eigenen Handeln.

Im September hat eine Gruppe von Umweltorganisationen und Taifun-Opfern der philippinischen Menschenrechtskommission eine Petition übergeben, in der die Untersuchung von Klimaverbrechen gefordert wird. Sie sind einer der Mitunterzeichner. Was erhoffen Sie sich davon?

Es handelt sich um eine historische Petition, denn sie verlangt von der Kommission die Untersuchung der 50 weltweit grössten CO2-Emittenten in Investorenhand. Diese sind für weit mehr als die Hälfte der weltweiten Emissionen verantwortlich. Das wissen sie genau, trotzdem tun sie nichts und fahren fort, die Atmosphäre zu verschmutzen. Die Petition bedeutet mir viel, denn ich habe Kinder in den Philippinen und sorge mich um die Menschen in meinem Land, die schon heute stark vom Klimawandel betroffen sind. Wir hoffen nun, dass die Untersuchung bald beginnt und die 50 Unternehmen zur Rede gestellt werden.

Seit längerem kursieren auch Ideen, einen eigenen Internationalen Gerichtshof für Klimaverbrechen zu etablieren. Unterstützen Sie diese Idee?

Auf jeden Fall, alles was uns hilft Klimagerechtigkeit durchzusetzen, ist willkommen.

Sie sind als spiritueller Führer der  nach Paris gekommen. Was steckt hinter dieser Pilgerfahrt?

Ich bin schon letztes Jahr tausend Kilometer von Manila nach Tacloban gepilgert, um den Opferns des Taifuns Haiyan zu gedenken. Danach fand ich Verbündete auf der ganzen Welt, die sich von der Pilgerfahrt inspirieren liessen. Überall auf der Welt begannen Menschen in Gedenken der Klimaopfer zu pilgern. Daraus entstand die «People`s Pilgrimage». Im September begannen wir auf dem Petersplatz unseren Marsch Richtung Paris. Rom hatten wir deshalb als Ausgangspunkt gewählt, weil wir damit unsere Unterstützung für Papst Franziskus und seine Laudatio si` zum Ausdruck bringen wollten, die den Stand unserer Erde sehr schön beschreibt und Lösungen für die aktuelle Krise aufzeigt. 59 Tage später kamen wir in Paris an.

«People's Pilgrimage» - eine weltweite BewegungKann man mit Laufen die Welt verändern?

Auf jeden Fall! Gehen ist ein sehr mächtiges Instrument für den Wandel. Wir waren nicht nur mit den besuchten Gemeinden in Italien, der Schweiz und in Frankreich verbunden, sondern mit all den Menschen weltweit, die sich an der Pilgerfahrt beteiligten. Die ganze Welt hat uns laufen sehen – das ist eine Erfahrung, die uns niemand mehr nehmen kann. Sie können meinen Namen vergessen und auch vieles was hier in Paris beschlossen wird, aber niemand kann uns den Marsch nehmen; das ist für sich bereits ein Erfolg.

Bis im vergangenen April arbeiteten Sie als Delegierter für Klimawandel für die philippinische Regierung. Weshalb gaben Sie diesen Posten auf?

Verschiedene Kirchen, Aktivistengruppen und Glaubensgemeinden wollten, dass ich die People`s Pilgrimage organisiere, anführe und die Pilger auf der ganzen Welt vertrete – wie heute beim französischen Präsidenten. Das war eine Einladung, die ich nicht ablehnen konnte.

Und Sie glauben, mit marschieren mehr bewirken zu können, als sie es als offizieller Delegierter der Philippinen konnten?

Ich habe in den vergangenen vier Jahren mein Bestes gegeben und meinen Beitrag geleistet. Aber der Kampf um den Klimawandel wird nicht in den Konferenzhallen gewonnen oder verloren, sondern an der Basis, dort wo die Menschen die Auswirkungen des Klimawandels schon heute spüren; dort wo Menschen aufbegehren und nachhaltige Städte und Dörfer entstehen. Ich bin glücklich, ein Teil davon zu sein, anstelle in einer Konferenzhalle zu sitzen, wo der Wandel nur sehr langsam vor sich geht.

Wie sehen Ihre nächsten Schritte aus?

Wir müssen hoffnungsvoll bleiben. Wahrscheinlich wird hier in Paris ein Vertrag unterzeichnet und jede Art von Vertrag ist bereits ein positives Zeichen. Aber es wird ein schwacher Vertrag sein. Die Prozesse auf politischer Ebene sind für einen echten Klimaschutz zu langsam. Deshalb müssen wir an einer globalen Bewegung arbeiten, welche die Politik zu weiteren Schritten drängt. Jeder von uns hat eine Rolle: Egal ob man sich für ein anderes Gesellschaftsmodell oder kleine Veränderungen in seiner Gemeinde einsetzt – zusammen führt all das zum Wandel für eine Welt, die friedvoller, sicherer und nachhaltiger ist.

Naderev `Yeb` Saño (41) ist Spiritual Leader der «People`s Pilgrimage» und war bis April 2015 Klimadelegierter der Philippinen. Ab Januar 2016 wird er das Greenpeace-Büro Südostasien leiten. 

>>> Update: 14.12.2015


Zweifelsohne ist das Hauptziel des Übereinkommens von Paris (Paris Agreement), die Klimaerwärmung gegenüber dem vorindustriellen Werten auf gut unter 2°C  zu beschränken und gleichzeitig die Anstrengungen zu verstärken, damit ein Maximum von 1.5°C erreicht werden kann, ein enormer Fortschritt. Dazu wird im Übereinkommen verdeutlicht, was dieses Ziel für die Entwicklung der Treibhausgas-Emissionen bedeutet: Die Emissionen sollen so schnell als möglich das Maximum überschreiten und dann in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts auf netto null runter gehen. Alle 195 Staaten haben sich mit somit zu diesem Ziel verpflichtet.

Das sind, auch wenn im Übereinkommen keine Jahreszahl für die Eliminierung der menschgemachten CO2-Emissionen steht,  schlechte Neuigkeiten für die Öl-, Gas- und Kohleindustrie. Denn die CO2-Emissionen müssten gemäss Analysen der UNO (Emissions Gap Report) zwischen 2060 und 2075 auf netto null runter, wenn das 2°C Ziel eingehalten werden soll. Für die anvisierten 1.5°C ist dies schon 2050 der Fall. Das steht so nicht explizit im Übereinkommen, ist aber direkt aus dem gesetzten Ziel ableitbar und darum ein wichtiger Schritt, um bis 2050 das Energiesystem von fossilen Energieträgern komplett auf erneuerbare Energieträger umzustellen.

Noch ist aber unklar, wie unsere Enkel auf Paris zurückblicken werden. Denn so stark das gemeinsame Bekenntnis zur Eindämmung der Klimaerwärmung ist, so schwach und unverbindlich bleiben die postulierten Klimaschutz-Beiträge und Finanzierungs-Zusagen der Industriestaaten. Die Analyse zeigt, dass die von den Staaten für Paris genannten nationalen Beiträge für den Klimaschutz, die sogenannten Intended Nationally Determined Contributions, zu einer Klimaerwärmung von 3°C und mehr führen werden. Für die Erreichung des 1.5°C-Ziels braucht es darum mindestens eine Verdoppelung der nationalen Beiträge.

Für die Schweiz heisst das, dass der Bundesrat die Zielsetzungen für 2020 von 20% auf 40% anheben sollte – er hat gemäss geltendem CO2-Gesetz auch die Befugnis dazu – und dass das Parlament im neuen CO2-Gesetz für die Zeit nach 2020 eine 60% Reduktion der Inland-Emissionen für 2030 festschreiben muss. Zudem soll ab 2020 der Wirtschaftskraft entsprechend rund 1 Milliarde pro Jahr für die Finanzierung des Klimaschutzes in den Entwicklungsländern bereitgestellt werden. Dies wohlgemerkt ohne das Budget für Entwicklungshilfe zu schmälern.

Paris ist ein wichtiger Meilenstein, bedeutet aber auch für die Umweltbewegung, dass wir mehr denn je dran bleiben müssen. Die Profiteure vom Zeitalter der unbegrenzten Treibhausgasemissionen werden nicht kampflos aufgeben, doch wir können ihnen gemeinsam den Boden unter den Füssen wegziehen. Im neuen Jahr werden wir uns Seite an Seite mit den Betroffenen gegen die Profiteure stellen und klar machen, dass wir sie stoppen, wenn die Regierungen nicht ernst machen. Nötigenfalls werden wir dafür auch den gerichtlichen Weg gehen. So stellen wir sicher dass Paris zu dem wird, was es sein muss: der Anfang vom definitiven Ausstieg aus den fossilen Energien. Ein Wendepunkt in der Geschichte der Menschheit.

Die detaillierte Analyse des Abkommens zeigt noch viele weitere Punkte. Nachfolgend haben wir eine Auswahl von kritischen Punkten zusammengestellt (wer das Paris Agreement selber durchforsten möchte findet es hier):

1. Die Verursacher der Klimaerwärmung haben zu wenig versprochen, um den direkt Betroffenen zu helfen. Positiv ist hingegen dass die Zusagen der Industrieländer, den Entwicklungsländern bei ihren Klimaschutzmassnahmen und der Bewältigung der Folgen ab 2020 mit 100 Milliarden jährlich zu helfen,  bestehen blieben. Ebenso wurde festgehalten, dass dieser Beitrag ab 2025 erhöht werden soll. Die konkreten Zusagen der Industrieländer reichen aber nach wie vor nicht aus, um dieses Ziel zu erreichen.

2. Es wird anerkannt, dass die Bewältigung von Verlusten und Schäden durch die jetzt schon verursachte Klimaerwärmung, eine wichtige Aufgabe ist. Eine Haftung bzw. Kompensation durch die Verursacher der bisherigen Klimaerwärmung (die Industrienationen) ist aber nicht festgelegt.

3.  Das Übereinkommen stellt zwar fest, dass ein allgemein gültiges Reporting nötig ist, um den Fortschritt der Bemühungen transparent beurteilen zu können, macht aber keine konkreten Vorgaben dafür.

4. Ebenso wird festgehalten, dass die Beiträge der Länder regelmässig alle 5 Jahre evaluiert und verbessert werden sollten. Doch auch hier fehlen konkrete Vorgaben zur Umsetzung. Insbesondere wäre es wichtig, dass die für Paris eingereichten Ziele jetzt und sofort angepasst werden, denn ohne Verschärfung schliesst sich das zeitliche Fenster für die Erreichung des 1.5°C Ziels sehr schnell.

5. Die Möglichkeit zur Nutzung von CO2-Märkten (Handel von CO2-Zertifikaten zwischen den Ländern) zum Erreichen der Klimaschutzziele wird nicht ausgeschlossen. Dies beinhaltet die akute Gefahr, dass wichtige Massnahen zum Umbau des nationalen Energiesystems auf später vertagt werden. Dies weil es aus kurzfristiger polit-taktischer Sicht billiger ist, CO2 im Ausland zu reduzieren statt bei sich selbst. Zudem ist völlig unklar, wie die Marktmechanismen ausgestaltet werden sollten, damit nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholt werden, wo durch den Handel teilweise sogar Mehremissionen verursacht wurden.

 


Hunderte von Menschen setzen ein Zeichen für 100% erneuerbare Energien. © Yann Arthus-Bertrand / Spectral Q
 

Montag, 7. Dezember 2015
Hunderte von Menschen setzen ein Zeichen für 100% erneuerbare Energien. © Yann Arthus-Bertrand / Spectral Q

 

>>> Update: 9.12.2015

Korrupte Klimaexperten tappen in die Falle

Der Text für ein Klimaabkommen ist noch unter Verschluss. Der französische COP21-Vorstand drängt jedoch darauf, in vorgesehener Frist ein Abkommen zu finden und damit ein diplomatischer Erfolg zu erlangen. Wahrscheinlich zu Ungunsten des Inhalts. Durch den Zeitdruck könnten sich die Verhandlungspartner sehr wohl auf den kleinsten gemeinsamen Nenner eignen. Die Varianten, die realistische Lösungen gegen den Klimawandel bieten, werden allmählich verdrängt. Und Frustration und Sorge steigen bei den NGOs.
Darum veröffentlichte Greenpeace gestern eine Untersuchung die aufzeigt, wie die Ölindustrie in der Lage ist, sehr einfach Wissenschaftler zu kaufen, die trügerische Berichte verfassen, welche ihren wirtschaftlichen Interessen entsprechen.

Wissen ist Macht

In Klimafragen wie auch in allen anderen politischen Fragen ist Wissen Macht. Die Verhandlungen zeigen dies beispielhaft. Die diskutieren Massnahmen basieren auf als «wissenschaftlich betrachteten» Zahlen. Diese ermöglichen es Argumente zu legitimieren und konkrete Ziele abzuleiten.

Um sich in den politischen Kräfteverhältnissen zu bewegen muss man in der Lage sein, Wissen zu produzieren. Elemente welche die Debatte polarisieren und die dazu dienen, die gegenseitige Lobby-Arbeit zu kontern und gewisse Interesse zu verteidigen. Dank dem lebt eine ganze Armee von Lobbyisten sehr bequem von der Verteidigung der Interessen der schlimmsten Verursacher des Klimawandels. Aber auch eine Anzahl von anerkannte «Experten», wie z.B. einige emeritierte Professoren.

Die Ölindustrie ist auf solche Dienstleistungen angewiesen. In den USA wurde nun eine Untersuchung gegen ExxonMobil und ihre «Brainwashing Praktiken» gestartet. In der nachfolgenden Geschichte zeigen wir auf, wie es für Unternehmen möglich ist, akademische Berichte zu kaufen um damit den negativen Einfluss fossiler Brennstoffe auf das Klima zu bestreiten.

Ja, man kann wissenschaftliches Wissen kaufen!

Während sechs Monaten, haben Leute von Greenpeace United Kingdom sich als Vertreter von Kohle- und Öl-Unternehmen getarnt, um so über die akademischen Arbeiten zum Thema fossiler Energien zu ermitteln. Dabei haben sie berühmte Professoren an den Universitäten von Princeton und Pennsylvanien gebeten, gegen Zahlung positive Artikel zur Öl- und Kohle-Förderung in Entwicklungsländer zu schreiben.

Und Professor William Happer,  ein klimaskeptischer Wissenschaftler an erstere Stelle, hat akzeptiert, einen Rapport für «eine Ölgesellschaft» zu schreiben – nennen wir sie hier doch «Greenpeace Petroleum»  – und dabei seine Finanzierungsquelle nicht zu veröffentlichen

«Greenpeace Petroleum» hat zudem Professor Frank Clemente, Soziologe an der Universität Pennsylvania, angefragt, ob er einen Gegenbericht zu Recherchen, welche einen Zusammenhang herstellen zwischen Kohle und vorzeitigen Todesfällen, verfassen würde. Insbesondere gegen die Angabe der WHO, wonach jedes Jahr 3,7 Millionen Menschen vorzeitig an der Belastung durch fossile Brennstoffe sterben.
Prof. Clemente hat bestätigt, einen solchen Auftrag erfüllen zu können. Er dürfe dabei mit seinem universitären Titel erwähnt werden und der 8-10 seitige Beitrag würde ca. USD 15’000 kosten.

Auf die Frage, ob er die Herkunft der Zahlung öffentlich machen müsse, hat Prof. Clemente geantwortet, dass es in den USA nicht obligatorisch wäre, die Finanzierungs-Quellen anzugeben. Um dies zu bekräftigen, hat er das Beispiel einer Rede und eines Podiums aufgeführt, welches von «Peabody Energy», dem grössten Kohle-Unternehmen der Welt, finanziert wurde. Die Sponsoren seien dabei nicht aufgedeckt worden. Prof. Clemente behauptete zudem, für einen anderen Rapport über den «Welt-Wert von Kohle» von «Peabody Energy» USD 50’000 erhalten zu haben. Die Finanzierungs-Quelle wurde im Kleingedruckten am Ende des Rapport erwähnt, der erhaltene Beitrag jedoch nicht genannt.

Die Prädisposition der Professoren Happer und Clemente, die Finanzierungs-Quellen nicht zu nennen, geht gegen die Ethik mancher wissenschaftlicher Zeitschriften. Die Zeitschrift Science schreibt z.B. in ihren Veröffentlichungsrichtlinien, dass alle Autoren zu ihren Forschungs-Arbeiten klar erwähnen müssen, welche ihre Verbindungen, Finanzierungs-Quellen und Finanzierungs-Teilnahmen sind. Die Versäumnisse eben dieser Autoren müssen aber zahlreich sein wenn man sich vor Augen hält, wie einfach die Vertreter von «Greenpeace Pertroleum» zu ihren gewünschten Berichten gekommen wären.

So werden wir getäuscht

Die Ermittlungen haben gezeigt, dass es Wege gibt die es ausländischen Öl- und Gas-Unternehmen ermöglichen, klimaskeptische US-Wissenschaftler und Organisationen zu kaufen. Als «Greenpeace Petroleum» nachdrücklich um Garantie gebeten hat, dass die Finanzierungs-Quelle nicht rückverfolgt werden kann, hat Prof. Happer auf Anraten von William O’Keefe (ein ehemaliger Lobbyist für Exxon) empfohlen, den Auftrag über «Donors Trust» abzuwickeln. «Donors Trust» ist eine Organisation die es ermöglicht, anonyme Spenden zu sammeln und die manchmal auch «Bankomat für dreckiges Geld» der konservativen Bewegung der USA genannt wird.

Greenpeace ging noch weiter und schlug Prof. Happer, der als akademischer Beirat im der Global Warming Policy Foundation (GWPF) sitzt, vor, den so finanzierten Bericht einem gegenseitigen Validierungsprozess vorzulegen. Diese Validierung erlaubt eine gegenseitige Untersuchung und Bestätigung bisheriger GWPF-Berichte. Nebenbei: GWPF hat vor kurzem den gegenseitigen Validierungs-Prozess für einen Bericht über die Vorteile vom Kohlendioxid angewendet.

Der Beweis ist erbracht

John Sauven, Geschäftsleiter von Greenpeace United Kingdom hat sich wie folgt zu den Ermittlungen geäussert: «Diese Untersuchung lüftet den Schleier auf ein Netzwerk von Wissenschaftlern die bereit sind, ihre Dienste an Unternehmen im fossilen Brennstoff Sektor zu verkaufen. Dies damit sie im Geheimen und ohne Spuren zu hinterlassen die Klimadebatte beeinflussen können.Unsere Ermittlungen zeigen, dass einige Professoren an renommierten Universitäten durch diese Unternehmen heimlich finanzierte werden um Rapporte zu produzieren, welche Zweifel über den Klimawandel propagieren. Die Frage die sich jetzt stellt ist ganz einfach: Wie viele wissenschaftliche Rapporte sind über die Jahre produzierte worden, die Zweifel über den Klimawandel verbreitet haben und in Wirklichkeit von der Öl-, Kohle- und Gas-Industrie finanziert worden sind? Unsere Ermittlung zeigt wie sie vorgehen. Es ist Zeit, die Scheinwerfer auf die Klima-Skeptiker zu richten

Sauven fordert, dass die GWPF jetzt Fragen mit weitgehenden Konsequenzen beantworten muss:Kann sie tolerieren, dass ein Mitglied aus seinem akademischen Beirat heimlich von angeblichen Öl-Gesellschaften aus dem Mittleren-Osten bezahlt wird, um einen Rapport zu produzieren? Wurden andere Berichte heimlich durch die Fossil-Industrie bezahlt? Würde die Stiftung zugeben, dass ihr gegenseitiger Validierungs-Prozess eine Mogelei ist?

Die Ermittlungen werfen eine ganz einfache Frage auf: Wie viele wissenschaftliche Berichte, welche die Klimaerwärmung bestreiten, wurden in der Vergangenheit durch die Öl-, Kohle- und Gas-Industrie bezahlt? Wie gross ist deren Verantwortung an der Skepsis vieler amerikanischer Senatoren gegenüber dem Klimawandel? Wie stark wurde die Meinung der US-Gesellschaft manipuliert? Und die der US-VertreterInnen am Klimagipfel? Die Vereinigten Staaten sind ein Schlüsselakteur bei den Verhandlungen in Paris. Aber beruht ihr Wissen auf den wissenschaftlichen Lügen derer, die es sich leisten können?

Noch etwas Positives zum Schluss: 
Diese Woche hat Bernie Sanders, Kandidat bei den demokratischen Vorwahlen, ein ambitiöses Programm für den Klimaschutz vorgestellt. Darin schlägt er unter anderem vor eine CO2-Gebühr einzuführen und die Sonnenenergie massiv zu entwickeln. Im Gegensatz zu seinen Konkurrenten akzeptiert Sanders für die Finanzierung seiner Wahlkampagne nur kleine Beiträge von Privatpersonen. Im Schnitt sind es USD 30.

>>> Update: 8.12.2015

Die Schweiz und der Klimaschutz
Germanwatch und das Climate Action Network (CAN) haben heute am Klimagipfel in Paris den neuen Klimaschutz-Index vorgestellt. Zum zweiten Mal hintereinander hat die Schweiz drei Plätze verloren und rutscht so vom 8. auf den 14. Platz ab. Grund dafür ist vor allem das Festhalten an klimaschädlichen Ölheizungen und der fossile Individualverkehr.

Das CO2-Budget für die Begrenzung der Klimaerwärmung auf maximal 2 °C ist weltweit schon zu zwei Dritteln verbraucht. Die Schweiz hat sogar schon vier Fünftel des ihr zustehenden Budgets verpulvert. Mit der aktuellen Klimapolitik wird die Schweiz bereits in 14 Jahren ihr restliches Klimabudget aufgebraucht haben.

Als eines der ganz wenigen Länder setzt die Schweiz aber noch immer auf die Anrechnung von Auslandreduktionen, obwohl sie ihr Reduktionsziel durch Massnahmen im Inland erreichen sollte. Das Schweizer Reduktionsziel von 30 % im Inland und von 20 % im Ausland ist zudem klar ungenügend.

«Mit dem Kauf von Klimazertifikaten ist es nicht getan: Die Schweiz ist noch lange keine Musterschülerin, und die Länder-Rangliste zeigt das klipp und klar», kommentiert der Leiter der Klimakampagne von Greenpeace Schweiz, Georg Klingler. Länder wie Frankreich, Italien und Grossbritannien schneiden besser ab, insbesondere weil in der Schweiz klimaschädliche Ölheizungen und Fahrzeuge sehr verbreitet sind.

«Es genügt nicht, wenn die Schweiz sich im Ausland als Klimaschützerin präsentiert. Zuerst müssen die Hausaufgaben gemacht werden: Der Bundesrat muss die Abhängigkeit von den fossilen Energien reduzieren und die Bevölkerung vor den negativen Folgen der Klimaerwärmung schützen», so Georg Klingler. Zudem ist ein klares Bekenntnis für neue und zusätzliche Zahlungen für Klimaschutz und -Anpassungsmassnahmen in den ärmsten Ländern erforderlich – aufgrund der wirtschaftlichen Stärke bis 2020 rund eine Milliarde Franken pro Jahr.

>>> Update: 7.12.2015

Hunderte von UmweltschützerInnen bildeten gestern ein gigantisches Friedenssymbol vor dem Hintergrund des Eiffelturms, darunter die Worte „100 % Renewable“ – eine Botschaft an die Delegierten der Klimaschutzkonferenz und die ganze Welt. Die Installation war eine Idee des Künstlers John Quigley.

Statt auf ihre Landesregierungen zu warten, gehen Bürgermeister weltweit mit gutem Beispiel voran: Bis 2050 wollen Hunderte von Städten vollständig auf Erneuerbare Energien setzen, darunter Paris, Chicago, Berlin, Istanbul, Madrid, Los Angeles und Stockholm. Jean François Julliard, Geschäftsführer von Greenpeace Frankreich, kommentiert: «Nicht das erste Mal geben die Bürgermeister in Sachen Klimaschutz den Ton an. In einem Schlüsselmoment liefert diese Initiative einen Auftrieb für saubere Energie.»

Martin Kaiser, Greenpeace-Experte für Klima, sieht den bisherigen Verlauf der Verhandlungen optimistisch, hat aber Bedenken, was die Ergebnisse betrifft: «Bei den Klimaverhandlungen in Kopenhagen waren wir an diesem Punkt bei einem 300-Seiten-Dokument und am Rand der Verzweiflung. In Paris sind es noch 21 Seiten, und die Gesprächsatmosphäre ist nach wie vor konstruktiv.» Solange sich nicht alle TeilnehmerInnen auf eine vollständige Dekarbonisation einigen, garantiere das alleine aber noch keinen zufriedenstellenden Abschluss: «In Paris wartet noch ein ganzer Haufen Arbeit.»

Ein aktueller Report von Greenpeace und dem europäischen Climate Action Network (CAN) belegt derweil, dass sich ganz Europa mit dem Kohleausstieg beeilen muss. Die CO2-Emissionen aus Kohlekraftwerken müssen dreimal schneller sinken als bisher, um die globale Erwärmung noch unter zwei Grad Celsius zu halten. Die 280 alternden EU-Kohlekraftwerke stiessen im Jahr 2014 insgesamt 762 Millionen Tonnen CO2 aus, rund ein Fünftel (18 Prozent) der gesamten europäischen Treibhausgasemissionen. Gesunken sind die CO2-Emissionen bisher um durchschnittlich 2,3 Prozent pro Jahr. Nötig sind aber mindestens acht Prozent jährlich. Klimawissenschaftler warnen vor unbeherrschbaren Folgen des Klimawandels, wenn die Erwärmung oberhalb der zwei Grad-Grenze liegt. Besser wäre es, sie unter 1,5 Grad zu begrenzen.

>>> Update: 4.12.2015

 


 

Vertreter aus Politik und Zivilgesellschaft treffen sich auf der Rainbow Warrior mit Repräsentanten von Vanuatu, Kiribati, Tuvalu, Fiji und den Solomon Islands. Sie unterzeichnen die People’s Declaration for Climate Justice. © Steven Lyon / Greenpeace

Philippinen: weltweit erstes Verfahren gegen 50 grösste «Klimasünder»
Am Rande des Klimagipfels in Paris hat heute die philippinische Menschenrechtskommission bekannt gegeben, dass sie am 10. Dezember Ermittlungen gegen 50 mutmassliche Klimaverbrecher aufnehmen wird. Dieses bahnbrechende Klimaschutz-Verfahren ist das erste weltweit, welches Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Zementunternehmen zur Rechenschaft ziehen könnte.

Im Visier der philippinischen Menschenrechtskommission befinden sich die grössten Emittenten von Treibhausgasen in Investorenbesitz: unter anderem ExxonMobil, die bereits in den USA mit Ermittlungen konfrontiert ist, sowie Glencore Xstrata und Holcim, beides Firmen mit Geschäftssitz in der Schweiz. Die Rangliste der grössten «Klimasünder» geht auf eine Studie des Climate Accountability Institute von 2014 zurück. Sie zeigt, dass 90 Unternehmen aus den Bereichen Erdöl, Erdgas, Kohle und Zementproduktion für 63 Prozent der globalen industriellen CO2-Emissionen zwischen 1854 und 2010 verantwortlich sind.

Die Philippinen liegen im Weltrisiko-Index hinter Tonga auf Platz drei: Der Index gibt für 171 Länder weltweit das Risiko an, Opfer einer Katastrophe in Folge von extremen Naturereignissen zu werden. Zwischen 1998 und 2009 waren laut Weltbank allein in den Philippinen über 12 Millionen Menschen von verheerenden Stürmen betroffen, die zu volkswirtschaftlichen Kosten von 24,3 Milliarden Dollar führten. Im November 2013 zerstörte der Super-Taifun «Haiyan» weite Teile des Inselstaats und forderte mindestens 6300 Menschenleben.

Taifun-Opfer und Umweltorganisationen wie Greenpeace hatten das Verfahren angeregt mit einer Petition, die im September eingereicht wurde. «Die Ermittlungen der philippinischen Menschenrechtskommission sind ein Meilenstein auf dem Weg hin zu einer fossilfreien Welt», kommentiert Greenpeace-Chef Kumi Naidoo. «Wir fordern nun auch andere Behörden weltweit auf, rechtliche Schritte zu unternehmen, um die Hauptverursacher der Klimaerwärmung endlich zur Rechenschaft zu ziehen».

Hintergrundinformationen zum Thema 

>>> Update: 3.12.2015

 


 

Eine Frau steht bei der Schutzmauer auf Tarawa Island (Kiribati Islands). Aufgrund des Klimawandels und dem Abschmelzen der Eises in der Arktis und Antarktis steigt der Meeresspiegel und die BewohnerInnen der Inseln verlieren ihre Heimat. © Christian Aslund / Greenpeace

Die Verhandlungen am dritten Tag sind eher zäh. Auf dem Programm stehen technische und  abstrakte Themen auf über 57 Seiten Papier. Den Text und die Inhalte auszusortieren ist eine Herausforderung. Die Frage der Finanzierung für die Anpassung der Entwicklungsländer an den Klimawandel ist komplex und einige der Delegierten zeigen sich frustriert.

Liegt die Zukunft in den Händen der «verwundbaren Ländern»?

Auf der anderen Seite gewinnt die Koalition der «verwundbaren Ländern» (The Climate Vulnerable Forum) an politischem Gewicht. Sie sind die wahren Verbündeten des Klimaschutzes und forderten in einer Erklärung, dass sich die Welt bis 2050 zu hundert Prozent mit erneuerbaren Energien versorgen muss und dass der Höhepunkt der CO2-Emissionen spätestens 2020 statt finden darf. Nur so könnte die Klimaerwähnung unter der Schwelle von plus 1,5 Grad Celsius bleiben.

Sie wissen, was auf dem Spiel steht. Denn sie sind mit den realen Auswirkungen des Klimawandels heute schon konfrontiert. Sie sind von den Folgen betroffen, für sie geht es schlicht und ergreifend ums Überleben und sie sollten deshalb auch zuerst angehört werden. Seit der ersten Klimakonferenz 1995 sind nach UNO-Angaben schon mehr als 600’000 Menschen aufgrund von Klima-Katastrophen gestorben. Orkane, Luftverschmutzung und Überschwemmungen zerstören der kommenden Generation die Lebensgrundlage und berauben sie aller Zukunftsperspektiven.

Und es sind eben diese jungen Menschen aus den «verletzlichen» Ländern wie Marokko, den Philippinen oder Kiribati-Inseln, welche die erste Aktion an dieser Klimakonferenz organisiert haben und mit einem Umzug den vollständigen Ausstieg aus den fossilen Energien bis 2050 gefordert haben.

In Wirklichkeit geben zur Zeit diese Länder in der Klimakonferenz das Tempo vor. Sie bringen Lösungen und haben eine politische Vision. Sie sagen Worte, denen man folgen muss. Und da sie jetzt einen Drittel der Sitze an der UNO vertreten, wird es nicht mehr möglich sein, von einem weltweiten Abkommen zu sprechen, wenn sie dagegen sind.

Wo sind die Frauen?

Wenn wir von Demokratie sprechen so sprechen wir auf von Gleichberechtigung. Von den 150 Staatsoberhäuptern sind 11 davon Frauen. Das entspricht einen Anteil von lediglich 7%. Eine amerikanische NGO (Womens‘s Environment & Developmen Organization) kämpft dafür, die Klimafrage auch als Gender-Frage zu diskutieren. Im Plenum hat eine ihrer Vertreterinnen daran erinnert, dass das künftige Abkommen die Entwicklung von erschwinglichen, erneuerbaren Technologien vorsehen muss, die sicher sind und sowohl auf die unterschiedlichen Bedürfnisse von Frauen und Männer angepasst sind. Diese Forderung ist notwendig. Denn meist sind die Frauen die ersten und verletzlichsten Opfer der Klimaveränderung.

>>> Update: 02.12.2015

 


 

Bau einer Solaranlage in Südafrika.
© Nicolas Fojtu / Greenpeace

Am zweiten Tag der Konferenz sorgten die Landesregierungen Afrikas für eine Überraschung: Die «African Renewable Energy Initiative» stellte ein ehrgeiziges Konzept vor, das bis zum Jahr 2030 flächendeckend saubere Energie aus erneuerbaren Ressourcen vorsieht, 300 Gigawatt für den gesamten Kontinent. Kumi Naidoo, Südafrikaner und Geschäftsführer von Greenpeace International, ist stolz auf seine Heimat: «Es wird oft behauptet, Afrika trüge nicht dieselbe historische Verantwortung, weil es so wenig zum Problem beigetragen habe. Aber heute haben die Afrikanerinnen und Afrikaner einen Schritt vorwärts gemacht und erstaunlichen Weitblick bewiesen.» Allerdings müsse diese Energie vor allem aus Windkraft- und Solaranlagen kommen, nicht aus Staudammkraftwerken.

>>> Update: 01.12.2015 – Rückblick auf den Eröffnungstag


 

Barak Obama bei seiner Eröffnungsrede in Paris / © Greenpeace

Der gestrige Eröffnungstag in Paris brachte erwartungsgemäss noch keine Entscheidungen, aber viele gute Absichten. In seiner Eröffnungsrede mahnte Frankreichs Ministerpräsident François Hollande erneut: „Es stand noch nie so viel auf dem Spiel.“ US-Präsident Barack Obama betonte die Verantwortung dieser Generation für künftige. Obwohl Angela Merkel mit Dekarbonisierung das Schlüsselwort für ein erfolgreiches Klimaschutzprogramm nannte, zeigte sich Martin Kaiser, Greenpeace-Experte für Klima, enttäuscht von der Rede der Bundeskanzlerin: «Kein Wort zum nötigen Kohleausstieg, der die hehren Worte der Kanzlerin von der Dekarbonisierung erst konkret machen würde. Wenn Merkel wieder zur Klimakanzlerin werden will, muss sie endlich den deutschen Kohleausstieg angehen.»

Am Rande der Konferenz bekundeten finanzstarke Unternehmer wie Bill Gates, mehr Geld in konkrete Projekte zum Klimaschutz zu investieren. Ausserdem haben Deutschland, Frankreich, die USA und acht weitere Länder angekündigt, 248 Millionen US-Dollar für einen Fonds bereitzustellen, der besonders armen Ländern bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels hilft.

>>> 30.11.2015

DER WELTKLIMAGIPFEL – Bringt sie das ende des fossilen Zeitalters?

Es geht um nicht weniger als die Zukunft unseres Planeten. Wenn ab heute in Paris 196 Regierungschefs aus aller Welt zusammenkommen, um verbindliche Klimaziele zu vereinbaren, steht buchstäblich alles auf dem Spiel. «Mal wieder», sagt Karsten Smid, Greenpeace-Experte für Klima, angesichts der 20 vorausgegangenen UN-Klimakonferenzen. «Doch diesmal bin ich optimistisch. Wir sind einem Weltklimavertrag sehr nahe.» Es fehle jedoch an Mut und Entschlossenheit der Politik. «Das könnte sich am Ende noch als schwere Bürde herausstellen», so Smid.

Was soll bei der COP 21, so die Kurzform für die 21. Conference of the Parties, auf den Weg gebracht werden? Sind sich am Ende alle einig? Unterzeichnen die Teilnehmerstaaten am 11. Dezember eine neue «Klimarahmenkonvention»? In ihr verpflichten sich die Länder, ihre CO2-Emissionen so weit zu senken, dass der globale Temperaturanstieg weniger als zwei Grad Celsius beträgt – im Vergleich zu vorindustriellen Messungen.

Greenpeace erwartet von den Verhandlungen in Paris:
1. Eine Deklaration, dass die Welt bis zur Mitte des Jahrhunderts ihren Energiebedarf mit 100% erneuerbaren Energien deckt
2. Eine Vereinbarung, dass das langfristige Ziel ein Temperaturanstieg von maximal 1,5 Grad ist
3. Eine Vereinbarung, dass die reichen Länder ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar zur Verfügung stellen, um die ärmeren Länder bei der Umstellung saubere Energien und der Bewältigung der Folgen des Klimawandels zu untestützen
4. Eine Vereinbarung, dass ab sofort die Länder alle fünf Jahre mit ambitionierten Klimaschutzzielen an den Tisch zurück kommen

Die Erwartungen an die Konferenz sind somit hoch, doch die Realität setzt einen Dämpfer auf allzu grossen Optimismus. Zwischen grossspurigen Ankündigungen auf dem internationalen Parkett und der Umsetzung im eigenen Land verläuft oft ein tiefer Graben. So lässt sich etwa Deutschland, das so vorbildlich in Sachen Energiewende voranging, zu viel Zeit mit dem Ausstieg aus klimaschädlicher Braunkohle. Andere Nationen gehen ebenfalls mit den Versäumnissen ihrer Energiepolitik in die Verhandlungen.

Ein unüberhörbarer Ruf nach Klimaschutz

«Noch ist nicht alles in trockenen Tüchern, aber ich bin zuversichtlich, dass es am Ende einen rechtsverbindlichen Klimavertrag geben wird», sagt Karsten Smid dennoch. «Klar ist aber auch, dass alle nationalen Selbstverpflichtungen zusammengenommen nicht ausreichen werden, um unter der kritischen Temperaturobergrenze von zwei Grad Celsius zu bleiben», so Smid weiter. «Wir steuern eher auf eine Temperaturerhöhung von drei bis vier Grad zu.»

Damit sich die Mächtigsten der Welt ihrer Verantwortung bewusst werden – sofern sie es nicht bereits sind –, gingen am vergangenen Wochenende weltweit hundertausende von Menschen auf die Strasse – auch in Paris. Sie forderten von den Delegierten Taten statt Worte: Eine Zukunft mit 100% erneuerbaren und 0% fossilen Energien.