Das Bundesgericht sorgt für Transparenz bei der radioaktiven Abluftfahne des AKW Leibstadt. Die Lausanner Richter haben eine Beschwerde von Greenpeace Schweiz gegen einen früheren Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts gutgeheissen. Damit ist unmissverständlich festgestellt: Die Schweizer Bevölkerung hat ein Anrecht auf umfassende Informationen zur Gefährdung durch Atomkraftwerke. Der Entscheid erfolgte einstimmig.

«Heute ist ein guter Tag für die Sicherheit der Schweizer Bevölkerung», sagt Stefan Füglister, Atomexperte für Greenpeace Schweiz. «Transparenz schafft Sicherheit. Und die Bevölkerung hat ein Recht auf beides. Es ist erfreulich, dass dies nun höchstrichterlich festgehalten wurde.» Das Bundesgericht hat entschieden, dass die Betreiberin des AKW Leibstadt, die KKL AG, detaillierte Messdaten der radioaktiven Abluft am Kamin herausgeben muss. «Das Bundesgericht hat eine Lanze gebrochen für das Recht der Öffentlichkeit auf den Zugang von umweltrelevanten Daten der Schweizer Atomkraftwerke. Wegweisend ist zudem der nun geregelte Zugriff auf Daten, welche das Eidgenössische Nuklearinspektorat zwar nicht mehr selber aufbewahrt, aber von den AKW-Betreibern einfordern kann», sagt Martin  Looser, Anwalt für Greenpeace.

Ende der Geheimniskrämerei

Greenpeace Schweiz wird die Daten aus Leibstadt nun prüfen und bei Bedarf reagieren. Im Zentrum steht aber für Füglister der Grundsatzentscheid: «Die AKW-Betreiber können ihre unsägliche Geheimniskrämerei nicht länger aufrechterhalten.» Diese Feststellung wird untermauert durch den Entscheid für mehr Transparenz beim AKW Beznau, den das Bundesverwaltungsgericht Ende April gefällt hat.

Für weitere Informationen:

Stefan Füglister, Atomexperte für Greenpeace Schweiz, 079 773 19 31

Martin Looser, Anwalt,  079 481 76 88

Chronologie der Ereignisse: Von der Öffentlichkeitsgesetz-Anfrage bis ans Bundesgericht

Der heutige Entscheid des Bundesgerichts ist das letzte Kapitel in einem längeren Rechtsstreit, der sich über drei Jahre hingezogen hat: 

November 2014

Greenpeace Schweiz fordert, gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz (BGÖ), detaillierte Abluftdaten vom Kamin des AKW Leibstadt an. Die Betreiberin des AKW Leibstadt (KKL AG) verweigert die Herausgabe der Daten. 

Oktober 2015

Der Öffentlichkeitsbeauftragte des Bundes (EDÖB) stützt das Gesuch von Greenpeace Schweiz nach Herausgabe der Abluftdaten. In der Folge verfügt die Atomaufsichtsbehörde ENSI, dass die KKL AG diese Daten an Greenpeace übermitteln muss. 

Dezember 2015

Die KKL AG reicht bei Bundesverwaltungsgericht Beschwerde ein gegen die Verfügung des ENSI, Leibstadt will also die Daten über die radioaktive Abluft weiter geheim halten. 

Juni 2016

Das Bundesverwaltungsgericht gibt der Beschwerde der KKL AG recht: Die Abluftdaten sollen unter Verschluss bleiben. Das Gericht begründet den Entscheid unter anderem damit, dass es sich bei den umstrittenen Daten um Personendaten handle, deren Veröffentlichung den Ruf der KKL AG schädigen könne – paradoxerweise halten die St. Galler Richter aber auch fest, die Geheimhaltung der Daten könne den Ruf der AKW-Betreiberin schaden. 

August 2016

Greenpeace Schweiz zieht den Fall weiter vors Bundesgericht. Die Umweltorganisation entscheidet sich für diesen Schritt gestützt auf die Aarhus-Konvention – ein internationales Abkommen für Transparenz im Umweltbereich, das auch die Schweiz ratifiziert hat. 

September 2017

Das Bundesgericht in Lausanne gibt Greenpeace Schweiz recht: Die KKL AG muss die detaillierten Messdaten zur Radioaktivitätsabgabe beim AKW Leibstadt herausgeben.