Wer momentan einen Blick aufs Thermometer wagt, den dürfte der (Hitze-)Schlag treffen. Bis zur 38-Grad-Marke klettert das Quecksilber in den Schweizer Städten. Und auch in den Bergen ist es alles andere als kühl: 21,7 Grad zeigte es vor wenigen Tagen auf dem Pilatus an – ein neuer Juni-Rekord. Höchste Zeit also, die Gletscher-Initiative zu unterschreiben.

Was diese Hitze für Auswirkungen auf die Schweizer Gletscher hat, braucht man nicht lange zu überlegen. Sie schmelzen – und zwar rapide. Alleine im Jahr 2017 haben sie laut WWF hierzulande 1500 Millionen Kubikmeter Eis verloren. Dieser Rückgang gehört mit denjenigen aus 2003 und 2011 zu den stärksten seit dem Beginn der Messungen vor rund 100 Jahren. Und auch Ende 2019 dürfte sich kein positiveres Bild für die Gletscher bieten, Klimaerhitzung sei Dank.

Dass dem Schwinden der Gletscher – und dem Klimawandel – endlich Einhalt geboten wird, dafür setzt sich die Anfang Jahres durch den Verein Klimaschutz Schweiz lancierte Gletscher-Initiative ein. Die Idee zur Initiative hatte Umweltjournalist Marcel Hänggi, die Beweg-Gründe für die Lancierung waren simpel: Die Schweiz hat 2015 das Pariser Klima-Abkommen unterzeichnet, welches fordert, den globalen Temperaturanstieg auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen. Doch bis heute hat die Schweizer Klimapolitik viel zu wenig getan, um dieser Forderungen nachzukommen. Also soll es nun das Volk einfordern.

Das grosse Ziel der Gletscher-Initiative ist es, die Ziele des Pariser Übereinkommens und somit den Klimaschutz in der Bundesverfassung zu verankern. Deswegen fordert sie, dass bis spätestens 2050 die Treibhausgasemissionen unseres Landes auf netto Null sinken müssen. Um das zu erreichen, muss die Schweiz aus den fossilen Brennstoffen aussteigen und in erneuerbare Energien investieren.

Unterschriftensammlung kann auf «grüne» Unterstützung zählen

Die Unterschriftensammlung für die Gletscher-Initiative hat nach rund zwei Jahren Aufbauarbeit im Mai 2019 begonnen. Aktuell haben schon 64 469 von 100 000 Personen unterschrieben (Stand 28. Juni). Unterstützt wird der Trägerverein Klimaschutz Schweiz bei der Sammlung auch von Greenpeace Schweiz, allen voran Geschäftsleitern Iris Menn. Die 48-jährige Deutsche lässt es sich nicht nehmen, selbst mit dem Unterschriftenbogen auf der Strasse Unterstützerinnen und Unterstützer für die Initiative zu gewinnen: «Ich bin gerne in Kontakt mit Menschen und auf der Strasse erhält man eine 1:1-Rückmeldung, die sehr wertvoll ist.» Dass Personen beim Einkaufen, Flanieren oder auf dem Arbeitsweg anzusprechen nicht immer so einfach ist, merkt auch Iris Menn. «Es ist eine Herausforderung, die Aufmerksamkeit der Menschen zu erlangen», erzählt die Meeresbiologin, «doch viele Menschen haben positiv reagiert und für die meisten war eine Unterschrift bei dem Stichwort Klimaschutz selbstverständlich.»

Iris Menn (links) und zwei weitere Greenpeace-Mitarbeitende beim Unterschriftensammeln in Zürich. (© Greenpeace Schweiz)

Auch für Iris Menn ist Klimaschutz selbstverständlich – unter anderem, weil sie selbst bereits einmal auf einem Gletscher war. «Ein sehr beeindruckendes Erlebnis», erinnert sie sich. Aber gleichzeitig auch eine Erfahrung, die in 100 Jahren möglicherweise niemand mehr machen kann, sollte die Schweizer Klimapolitik den Umweltschutz nicht endlich ernst nehmen. «Die Prognosen für die Gletscher sehen nicht gut aus», meint die passionierte Umweltschützerin besorgt, «umso wichtiger, dass wir jetzt endlich handeln.»