Radioaktiv verstrahlte Proben aus der Region um die Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield plaziert Greenpeace heute morgen auf einem künstlich aufgeschütteten Strand direkt vor dem Tor des niedersächsischen Atomkraftwerks Emsland in Lingen. «Jetzt amtlich: Deutsche Atommanager verseuchen Strand, Meer und Menschen!», lautet der Vorwurf der Umweltschützer auf ihrem mitgeführten Transparent.

Lingen/Hamburg. Mit der Aktion protestiert Greenpeace gegen die Lieferung abgebrannter Brennelemente vom AKW Emsland nach Sellafield an der westenglischen Küste. Das AKW Emsland – Betreiber sind die VEW (Vereinigte Elektrizitätswerke Westfalen) – ist deutscher Hauptkunde der Skandalanlage Sellafield. Greenpeace-Atomexperte Michael Kuehn: «Die Betreiber des Atomkraftwerkes Emsland gehören mit ihren Atommüllexporten nach Grossbritannien zu den Hauptschuldigen an der dortigen Umweltverseuchung. Um die Atomanlage Sellafield strahlt es wie nach Atombombentests. Wir haben Radioaktivität am Strand, im Meer, auf Viehweiden, im Ackerboden und in Tierkörpern gefunden. Bei Kindern gibt es erhöhte Blutkrebsraten und in ihren Zähnen kann man Plutonium aus Sellafield nachweisen. Kein einziges Gramm deutschen Atommülls darf mehr dorthin geliefert und aufgearbeitet werden.» Greenpeace-Aktivisten hatten in den letzten Wochen in der Umgebung der Atomanlage Sellafield verschiedene Boden-, Sediment- und Abwasserproben genommen. Erste Analysen haben ergeben, dass die Wiederaufarbeitung des Atommülls bereits im «Normalbetrieb» der Anlage grosse Mengen Radioaktivität in die Umwelt freisetzt. Täglich werden rund neun Millionen Liter radioaktive Abwässer aus der Anlage in die Irische See gepumpt. Von den Proben liegen jetzt amtliche Untersuchungsergebnisse der Hamburger Umweltbehörde vor. Die Behörde bestätigt, dass es sich dabei eindeutig um Atommüll handelt. In einer der untersuchten Ackerbodenproben aus der Umgebung der Atomanlage Sellafield sind 1250 Becquerel des radioaktiven Isotops Americium-241 sowie 466 Becquerel Caesium-137 pro Kilo gefunden worden. Das Sediment am Einleitungsrohr enthielt sogar 23100 Becquerel Americium-241 und 1,14 Millionen Becquerel Caesium-137 pro Kilo. «Diese Befunde lassen auf eine relativ weiträumige Kontamination der Region um den Auslauf mit langlebigen Transuranelementen schliessen», schreibt die Hamburger Umweltbehörde in ihrem Analysebericht. Die radioaktiven Proben aus Sellafield hatte Greenpeace am 24. Juni mit seinem Schiff Beluga über den Hamburger Hafen nach Deutschland eingeführt. Mitarbeiter der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales der Hansestadt konfiszierten zunächst das Material, in der Umweltbehörde wurde es dann analysiert. Die Behörde übergab Greenpeace am vergangenen Freitag die Proben zum Transport in ein Labor der Bremer Universität, damit dort weitere Analysen durchgefuehrt werden können. Dorthin werden die Proben heute auch gebracht. Michael Kuehn: «Wir sind mit den Proben zum Atomkraftwerk Emsland gekommen, um den Atommanagern die Folgen ihrer Politik deutlich vor Augen zu führen. Keiner von ihnen kann jetzt noch sagen, er habe nichts gewusst: Die radioaktive Verseuchung einer ganzen Region unter aktiver deutscher Beihilfe muss sofort gestoppt werden. Es darf kein einziger Atommüllexport nach Sellafield oder La Hague mehr stattfinden.» Das AKW Emsland hat bisher 112 Tonnen Atommüll dorthin geliefert. Weitere 338 Tonnen sollen noch nach Sellafield transportiert werden. Greenpeace hat heute den Vorstandschef des Betreibers Fritz Ziegler sowie verantwortliche und betroffene Kommunal-, Landes- und Bundespolitiker zu einer Informationsfahrt nach Sellafield eingeladen. Sie sollen sich vor Ort ein Bild über das ganze Ausmass der radioaktiven Verseuchungen machen.

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