Anwohnerinnen und Anwohner des AKW Beznau, unterstützt von Greenpeace, der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES) und dem Trinationalen Atomschutzverband (TRAS), fechten den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts zur Vorsorge gegenüber schwerer Erdbeben im AKW Beznau vor Bundesgericht an. Eine eingehende Analyse hat ergeben, dass der Entscheid nicht überzeugt und stattdessen die übergeordneten Schutzinteressen der Bevölkerung missachtet.

Bundesverwaltungsgericht argumentiert gesetzwidrig
In seinem Urteil baut das Bundesverwaltungsgericht einseitig auf die historische Entwicklung und Auslegung massgeblicher Verordnungen und Richtlinien. Damit verkennt es den fundamentalen Paradigmenwechsel vom Förderungs- zum Schutzprimat, der bei der Atomkraft mit der Ablösung des Atomgesetzes durch das Kernenergiegesetz zu Beginn des Jahrtausends stattgefunden hat. Artikel 4 des Kernenergiegesetzes sieht vor, Mensch und Umwelt insbesondere bei Störfällen umfassend vor radioaktiver Strahlung zu schützen. Ein Grundsatz, auf den das Bundesverwaltungsgericht bei seiner rückwärtsgewandten Betrachtung überhaupt nicht eingegangen ist. Das Urteil führt namentlich bei der Gefährdung durch Erdbeben zu gravierenden, gesetzwidrigen Schutzlücken.

Heutiges Gesetz ist massgebend
Martin Pestalozzi, der Anwalt der Beschwerdeführenden resümiert: «Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist falsch. Es geht nicht darum, ob das AKW den historischen Richtlinien und der bisherigen Praxis des ENSI genügt, sondern dem heutigen Gesetz!» Selbst einer rein historischen Auslegung vermöge das Urteil nicht zu genügen, enthalte es doch diesbezüglich grobe Widersprüche und gehe auf wesentliche Argumente der Beschwerde gar nicht ein.

Veränderte Verordnungsgrundlage
Die bevorstehende Beurteilung durch das Bundesgericht steht dennoch unter teilweise geänderten Vorzeichen: So wurden in der Zwischenzeit die Kernenergieverordnung von der abgetretenen Bundesrätin Doris Leuthard trotz massiver Kritik im Eilverfahren revidiert und damit die Schutzbestimmungen entscheidend abgeschwächt. Der Weiterzug vor Bundesgericht soll deshalb auch klären, inwieweit diese Verordnungsrevision rechtens war und nicht gegen das übergeordnete Kernenergiegesetz verstösst.

Steht das AKW Beznau über dem Gesetz?
«Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts und die revidierte Kernenergieverordnung führen im Endeffekt dazu, dass das völlig veraltete AKW Beznau mit seiner 50-jährigen Geschichte über dem Gesetz stehen soll. Das ist absurd. Wir können und wollen das nicht akzeptieren.» begründen Nils Epprecht, Florian Kasser und Rudolf Rechsteiner von den drei Organisationen stellvertretend für die Beschwerdeführenden den Weiterzug ans Bundesgericht.

Beznau Verfahren
Im August 2015 haben Greenpeace Schweiz, die Schweizerische Energie-Stiftung (SES) und der Trinationale Atomschutzverband (TRAS) aufgedeckt, dass das AKW Beznau einem schweren Erdbeben nicht standhalten würde. Gefährliche Mengen Radioaktivität würden freigesetzt und die geltenden Strahlenschutz-Grenzwerte verletzt. Zu diesem Schluss gelangten die drei Organisationen nach Analyse der Sicherheitsüberprüfungen, die 2012 im Nachgang der Fukushima-Katastrophe gemacht wurden. Darauf folgend hatten Beznau-Anwohnende Rechtsschritte gegen das ENSI und das AKW eingeleitet. Ende Januar 2019 hat das Bundesverwaltungsgericht diese Beschwerde in erster Instanz abgewiesen.

Weitere Informationen

Irène Kälin, Nationalrätin und Präsidentin Trägerverein Beznau-Verfahren, 077 428 43 06, [email protected]
Martin Pestalozzi, lic. iur., Rechtsanwalt und Vertreter der Beschwerdeführenden, 055 251 59 59, [email protected]
Nils Epprecht, Geschäftsleiter Schweizerische Energie-Stiftung, 077 455 99 79, [email protected]
Rudolf Rechsteiner, Vize-Präsident Trinationaler Atomschutzverband (TRAS) 079 785 71 82, [email protected]

Im Namen des Vereins Beznau Verfahren

Greenpeace Schweiz
SES energiestiftung.ch
TRAS Trinationaler Atomschutzverband