Greenpeace-Aktivistinnen und -Aktivisten haben an der Generalversammlung der Credit Suisse auf spektakuläre Art und Weise dafür gesorgt, dass nicht nur über Boni diskutiert wurde – sondern auch über dreckige Pipeline-Deals, Indigenen-Rechte und sauberes Trinkwasser.

40 Prozent weniger Boni gibt es bei der Credit Suisse dieses Jahr. Diese Meldung hat für einige Schlagzeilen gesorgt im Vorfeld der heutigen Generalversammlung im Zürcher Hallenstadion. Der «freiwillige» Boni-Verzicht kam erst auf massiven Druck zustande – und hat viele Kritiker nicht besänftigt. Das Verhalten der CS-Führungsriege in dieser Frage, man muss es leider als symptomatisch bezeichnen. Die Devise lautet: Aussitzen bis es nicht mehr anders geht.

CS schaltet auf stur

Nach der «Aussitzen»-Devise handelt die angeschlagene Schweizer Grossbank auch, wenn es um das nicht minder skandalöse Vorgehen im Fall der Dakota Access Pipeline geht. Dass die CS in das hochumstrittene Projekt im Norden der USA verwickelt ist, war seit längerem klar. Greenpeace-Recherchen zeigten dann, dass diese Verstrickungen viel tiefer gehen: Die Credit Suisse spielt eine Schlüsselrolle bei der Finanzierung der Öl-Pipeline bzw. der Firmen dahinter. Die Forderung nach einem Ausstieg aus diesen Deals mit Folgen für Indigene, deren Trinkwasser und unser aller Klima wurde in der Folge mit zunehmender Vehemenz in die Öffentlichkeit getragen: Zahlreiche Demonstrationen, Flyer-Aktionen und selbst ein Gespräch mit einer Indigenen-Delegation aus der betroffenen Region. Doch die CS schaltete stets auf stur. Mehr als ein halbgares Versprechen an die indigenen Frauen, die eigenen Geschäftsrichtlinien noch einmal zu überprüfen, resultierte nicht. Ein wenig Boni-Verzicht scheint drin zu liegen, wenn der Druck gross genug wird. Ein Rückzug aus menschenrechtsverletzenden und klimaschädlichen Geschäften offenbar nicht. Oder vielleicht war der Druck noch nicht gross genug.

Pipeline im Foyer

Und damit zur heutigen Generalversammlung der CS im Zürcher Hallenstadion. Die Debatte um die dreckigen Pipeline-Deals drohte angesichts der dominierenden Boni-Diskussion zum Randthema zu verkommen. Doch dann, die CS-Aktionäre bevölkerten gerade zusehends das Foyer des Event-Tempels in Zürich-Oerlikon in gespannter Erwartung der bald beginnenden GV, kam die Pipeline doch sehr prominent ins Hallenstadion – und zwar im Wortsinn:  Die Greenpeace-Aktivistinnen und -Aktivisten rollten eine 10 Meter lange und 900 Kilogramm schwere Pipeline ins Foyer, von einem CS-Logo geziert und mit der Aufschrift «Dirty Pipeline Deals» versehen.

Die Verantwortlichen bei der Credit Suisse dürften in diesem Moment kurz aufgestöhnt haben bei der Feststellung, dass die UmweltaktivstInnen noch immer nicht aufgegeben haben, dann aber, nachdem die Pipeline-LieferantInnen des Stadions verwiesen waren, durchgeatmet haben und gedacht: «Ok, das war’s jetzt aber für heute. Konzentrieren wir uns wieder auf diese leidige Boni-Geschichte». Sie sollten enttäuscht werden.

Keine dreckigen Pipeline-Deals!

Noch bevor die Boni-Debatte das Hallenstadion definitiv erreichen konnte, während CEO Tidjane Thiam in seiner Eröffnungsrede die AktionärInnen zu besänftigen versuchte, seilten sich Kletterinnen und Kletterer vom Dach ab und entrollten ein grosses Banner mit der Aufschrift «Credit Suisse: No Dirty Pipeline Deals». Die Greenpeace-AktivistInnen sorgten ein weiteres Mal dafür, dass die Boni-Politik nicht als einziger CS-Skandal von dieser GV in Erinnerung bleibt.

Lernfähig?

Und jetzt? War das nun endlich genug Druck, damit die Credit Suisse endlich damit aufhört, Indigenen-Rechte zu missachten? Wird die CS nun endlich ihre eigenen Geschäftsrichtlinien ernst nehmen?

Wenn man schaut, wie sich die Boni-Debatte bei der Grossbank ständig wiederholt, dann muss man befürchten, dass die CS auch beim Thema Menschenrechte und Umweltschutz wenig Lernfähigkeit beweisen wird. Auch ein Blick auf ähnliche Skandale aus der Vergangenheit macht wenig Hoffnung. Auf der anderen Seite haben aber die summierten Boni-Verfehlungen irgendwann dazu geführt, dass das Schweizer Volk genug hatte und Ja gesagt hat zur Abzocker-Initiative. Die Wirtschaftselite des Landes rieb sich die Augen. Wenn die CS – und mit ihr zahlreiche andere Schweizer Banken und Konzerne – auch beim Thema Menschen- und Umweltrechte weiterhin die Augen verschliessen, dürften sie sich diese in ein paar Jahren noch viel heftiger reiben.

PS. Den mutigen Aktivistinnen und Aktivisten geht es gut, sie wurden von der Polizei kontrolliert und sind alle auf freiem Fuss.

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Weitere Informationen auf

Credit Suisse: Stop dirty pipeline deals

 

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