Eine Kuh produziert jährlich zwischen 70 und 120 Kilogramm Methan – ein hochpotentes Treibhausgas. Die Landwirtschaft ist damit die Hauptschuldige für die Methanemissionen: Auch in der Schweiz ist die Tierhaltung, insbesondere die Haltung von Rindvieh für über 80 Prozent der landesweit freigesetzten Methangase verantwortlich.

Mit dem jährlichen Ausstoss von 100 Kilogramm Methan, was etwa der Menge CO2 entspricht, die durch die Verbrennung von 1000 Litern Benzin entstehen würde, könnte man gut dreimal die Strecke zwischen dem östlichsten und dem westlichsten Punkt Europas mit dem Auto befahren – eine lange Strecke. 

Verantwortlich für die Entstehung von Methan im Darmtrakt der Wiederkäuer sind winzige, bakterienähnliche Mikroorganismen. Diese sind so eng mit ihren Wirten verbunden, dass ihre Weitergabe an die Nachkommen von den Genen der Rinder mitgesteuert wird. Biotechnolog:innen haben genau diese Winzlinge ins Visier genommen. Sie wollen diese gentechnisch so verändern, dass beim Verdauungsprozess weniger Methan produziert wird. Gleichzeitig möchten sie aber auch ins Rindergenom eingreifen, um die Gene auszuschalten, welche die Weitervererbung dieser Methanbildner begünstigen.

Wäre das Problem der bovinen Verdauungsgase damit gelöst?

Wohl kaum. Denn was auf dem ersten Blick optimal erscheint, hat bei genauerer Betrachtung viele Haken. Das schnelle Herumschrauben an einigen Stellen im Genom ändert nämlich nichts an der Hauptursache der landwirtschaftlichen Klimagasemissionen – der intensiven Bewirtschaftungsform. Im Gegenteil: Die klimafreundlich massgeschneiderten Rinder verleiten lediglich dazu, gleich viele oder noch mehr Tiere in intensiven Produktionssystemen zu halten und somit das gescheiterte Modell der industriellen Landwirtschaft zu zementieren. Eine Lösung, die nur taugt, wenn einzig der Profit im Auge behalten wird. Denn damit werden die klimaschädlichen Emissionen gesamthaft nicht reduziert. 

Zudem produziert die auf Kraftfutter angewiesene intensive Tierhaltung neben Methan auch hohe Lachgasemissionen (durch synthetische Kunstdünger), sowie CO2 (durch Umwandlung von Wald und Wiese in Ackerland, Transport). Für nachhaltige Lösungen ist ein Systemwandel unumgänglich: ganzheitliche, systemorientierte, agrarökologische Ansätze sind gefragt, etwa die Umstellung auf ökologisch basierte Betriebe, lokale, an Raufutter angepasste, langlebigere Rassen oder die Reduktion des Fleischkonsums.

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Das Herumschrauben an der Bakterienzusammensetzung im Magen der Rinder ist zudem nicht ungefährlich. Denn diese Organismen spielen eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der Darmgesundheit. Änderungen in der Zusammensetzung der Darmflora können die Gesundheit der Rinder beeinflussen. Eine erhöhte Anfälligkeit auf Krankheiten ist ebenso nicht auszuschliessen.

Bei humanmedizinischen Anwendungen der Genomeditierung ist eine gründliche Risikoprüfung Pflicht, Eingriffe in die Keimbahn sind verboten. In der Landwirtschaft hingegen, wo viel tiefgreifendere Veränderungen vorgenommen und die genomeditierten Organismen in komplexe Ökosysteme freigesetzt werden, lobbyiert die Agrarindustrie für die Zulassung frisch aus dem Labor stammender, längerfristig ungeprüfter Technologien ohne umfassende Risikoprüfung. Dies gefährdet nicht nur Umwelt und Gesundheit, sondern auch das öffentliche Vertrauen in Innovationen. Unkontrollierbare Nebenwirkungen, Tierleid und Abhängigkeiten von teuren, patentierten Produkten lassen sich nur vermeiden, wenn das Vorsorgeprinzip angewendet und die neuen Gentechnikverfahren unter dem Gentechnikgesetz reguliert werden.