Das Lebensmittelsystem ist für fast 30 % des gesamten Fussabdrucks der Schweiz verantwortlich (Quelle). Die grossen Detailhändler:innen sagen, dass sie die Auswirkungen des Sektors reduzieren wollen, aber die Versprechen sind allzu oft leer und scheinen eher dem Marketing als dem Planeten zu dienen. Ein Blick auf die Praktiken von Migros und Coop in diesem Bereich.

«Bis Ende 2023 sind die Marketinggrundsätze zur Vermeidung von Fehlanreizen hinsichtlich eines Nachhaltigen Konsums fester Bestandteil aller Marketingprozesse und werden laufend weiterentwickelt», kündigt die Migros in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie 2025 an. Aber was ist mit der Werbung für Fleisch und Milchprodukte, die alles andere als nachhaltig sind? Vergessen sie die omnipräsente Werbung zur Eröffnung der Grillsaison? 

Grösseres Angebot … mehr Konsum

Beim Konsum zielen Migros und Coop auf Einkommenssteigerungen im Zusammenhang mit dem Verkauf von Bio- oder sogenannt nachhaltigen Produkten. Die Migros schreibt in ihrer Strategie 2025, dass sie ihr Sortiment an vegetarischen und veganen Produkten ausbauen will. Bei dieser Strategie geht es jedoch nicht darum, das Sortiment an Produkten mit einem hohen ökologischen Fussabdruck (wie etwa Fleisch und Milchprodukte) zu reduzieren. Alles deutet also darauf hin, dass die Detailhändler:innen einen neuen Markt erobern, ohne das Angebot an tierischen Proteinen ersetzen zu wollen. Damit verpassen sie es, ihren Gesamtfussabdruck zu verkleinern und setzen stattdessen weiterhin Anreize für einen übermässigen Konsum.

Die Wirkung von A bis Z

Es ist ohnehin an der Zeit, dass die grossen Detailhändler:innen einen Schwerpunkt darauf legen, ihre grössten Auswirkungen anzugehen. Neben tierischen Proteinen ist die gesamte Lieferkette die Achillesferse der Unternehmen. Tatsächlich trägt die Nahrungsmittelproduktion, einschliesslich der Gewinnung von Rohstoffen, am stärksten zum Fussabdruck des Sektors bei. Der Verzicht auf Artikel mit ressourcenintensiven Lieferketten, wie z. B. der berühmten Spargel aus Peru, wäre ein willkommener erster Schritt.

Während die Detailhändler:innen angeben, dass sie sich ihrer Schwachstellen in diesem Bereich bewusst sind, scheint es keine Priorität zu sein, die Hebel für Veränderungen zu betätigen. So wird die Verantwortung zum Beispiel auf die externe Lieferkette verlagert oder in eine ferne Zukunft verschoben.

Diejenigen, die hinterherhinken

Im Dschungel von Versprechungen, Zahlen und Labels gibt es diejenigen, die sich nicht einmal die Mühe machen, ausführliche Nachhaltigkeitsstrategien zu formulieren. Dies gilt etwa für Volg und Spar. Beide wurden in einem Rating von 2019 (siehe untenstehende Grafik), das die Nachhaltigkeit von Schweizer Detailhandelsunternehmen im Food Bereich analysiert hat, als «weitgehend intransparent» bewertet.

Auszug aus dem Bericht «Wandel hin zum grünen Handel? – WWF-Ratingbericht des
Gross- und Detailhandels Schweiz Food und Near-Food» April 2019 (Quelle)

Die Dringlichkeit zu handeln

Die von den Detailhändler:innen ergriffenen Massnahmen sind wenig überzeugend. Sie scheinen mit dem rasanten Tempo des Wandels, dem wir gegenüberstehen, nicht Schritt zu halten. So wirkt das tsch tsch, mit dem Coop die Grillsaison einläutet, zynisch: es bezieht sich leider bald nicht mehr auf den Grill, sondern auf unseren überhitzten Planeten.