Romulo Batista ist Waldexperte bei Greenpeace Brasilien und hat uns in einem ausführlichen Interview erklärt, wie es um das Amazonasgebiet steht und was die Arbeit von Greenpeace vor Ort bewirkt. Brasilien braucht Wandel – Greenpeace setzt sich gemeinsam mit der gesamten Umweltbewegung und mit voller Kraft dafür ein.

Greenpeace Schweiz: Wie ist die aktuelle Situation in Brasilien?

Romulo: Wir stecken zurzeit in der wohl schlimmsten Lage seit der Demokratisierung Brasiliens 1988. Die Regierung Bolsonaro – und mit ihr das von der Agrarlobby dominierte Parlament – sind drauf und dran, all unsere Errungenschaften der letzten 30 Jahre zu zerstören. Seit 2019 werden Nichtregierungsorganisationen (NGO) von der Regierung angriffen und sind Opfer von Verleumdungskampagnen. 

Dies bedeutet jedoch nicht, dass wir entmutigt sind. Wir werden noch härter arbeiten, um unsere Ziele zu erreichen, um die Entwaldung zu stoppen, um die Rechte der indigenen Völker zu schützen und um den Klimanotstand zu bekämpfen. Es ist sehr wichtig, zu erwähnen, dass die jüngsten Umfragen zeigen, dass die überwiegende Mehrheit der Brasilianer:innen für den Schutz der Wälder und die Wahrung der Rechte der indigenen Völker einsteht, was uns Kraft und Legitimität gibt, unsere Arbeit fortzusetzen. 

Klimastreik, São Paulo, © Victor Bravo / Greenpeace 

Neben diesen Angriffen auf das Umweltschutzgesetz hat die Abholzung im Amazonasgebiet in den letzten Jahren leider massiv zugenommen. Auch werden indigene Führer:innen, die für Landrechte kämpfen, vermehrt angegriffen. Die Täter:innen geniessen grösstenteils Straffreiheit. Greenpeace Brasilien setzt sich gemeinsam mit der gesamten Umweltbewegung für die Rechte der indigenen Bevölkerung und für den Schutz der Umwelt ein, da Brasilien das Land mit der grössten sozialen und biologischen Vielfalt der Welt ist. 

Greenpeace Schweiz: Wofür braucht Greenpeace Brasilien Unterstützung aus der Schweiz?

Romulo: Greenpeace Brasilien feiert in diesem Jahr ihr 30-jähriges Bestehen und verfügt seit über 20 Jahren auch über ein Büro in Manaus im Amazonasgebiet. Jedes Jahr führen wir verschiedene Aktivitäten im Amazonaswald durch und legen dabei Tausende von Kilometern zurück, teils über die wenigen Strassen und Flüsse, aber hauptsächlich per Flugzeug. Mit Hilfe unseres Flugzeugs können wir schnell reagieren und Personen oder Unternehmen zur Rechenschaft ziehen, die Umweltverbrechen oder -schäden begehen.

Monitoring der Abholzung des Urwalds in Karipuna im Amazonasgebiet durch Greenpeace Brasilien, © Christian Braga / Greenpeace

Obwohl diese Arbeit sehr teuer ist, ist sie unerlässlich, um Millionen von Brasilianer:innen in den Kampf um den Erhalt dieses grössten und artenreichsten Regenwalds der Welt einzubinden. Um unsere Arbeit fortsetzen zu können, brauchen wir die Hilfe von allen – sei es durch Aktivismus, Online-Kampagnen oder finanzielle Unterstützung, denn wir sind unabhängig und nehmen kein Geld von Unternehmen, Regierungen und politischen Parteien an.   

In den letzten 30 Jahren konnten wir dank dieser Spenden viele Erfolge im Amazonasgebiet erzielen: wie zum Beispiel das Verbot zur Ausbeutung von brasilianischem Mahagoni, das zu Invasionen und Gewalt in indigenen Gebieten führte; das Soja-Moratorium, das den Vormarsch von Soja im Amazonasgebiet eindämmte; das Verbot zum Bau von Staudämmen am Tapajós-Fluss oder die Aufdeckung der Verbindung zwischen der Fleischindustrie und der Waldabholzung.

Greenpeace Schweiz: Welche Bedeutung hat der Amazonas-Regenwald für die Brasilianer:innen und für dich persönlich? Was ist dein persönlicher Bezug zum Amazonasgebiet?

Romulo: Das Amazonasgebiet ist für die grosse Mehrheit der Brasilianer:innen eine Quelle des Stolzes und jüngste Meinungsumfragen haben ergeben, dass über 80% der Bevölkerung der Meinung sind, dass das Amazonasgebiet erhalten und nur nachhaltig bewirtschaftet werden sollte. Brasilien ist sehr gross und leider haben nicht alle Brasilianer:innen die Möglichkeit, diese Region unseres Landes zu besuchen. 

Urbane Kunstinterventionen von Greenpeace-Freiwilligen zur Sensibilisierung der Menschenrechte der indigenen Bevölkerung in Manaus, © Bruno Kelly / Greenpeace

2005 kam ich ins Amazonasgebiet – lange bevor ich bei Greenpeace tätig wurde. Ich arbeitete sieben Jahre für ein Projekt zur Schaffung von einem Schutzgebiet, das elf Millionen Hektar umfasste. Seit 2012 arbeite ich bei Greenpeace und bin verantwortlich für die Koordination der Waldschutzprojekte. Wir arbeiten mit den indigenen Völkern zusammen, um die Abholzung des Waldes durch die Agrarindustrie, den illegalen Holzeinschlag, zu bekämpfen. 

Ich kam also vor knapp 20 Jahren als Biologe wegen des Amazonaswaldes und «verliebte» mich schliesslich in die Bewohner:innen des Regenwalds. Sie sind es, die den Wald am besten kennen und am besten schützen. In jüngster Zeit gibt es vermehrt Angriffe auf indigene Führer:innen und auf diejenigen, die für ihre Landrechte kämpfen. Und sie bleiben ungeahndet, weil der Staat weder die Menschenrechte noch den Regenwald schützt. Brasilien braucht Wandel – Greenpeace setzt sich gemeinsam mit der gesamten Umweltbewegung dafür ein.

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