Banken und Versicherungen, die im Asset-Management-Bereich tätig sind, billigen umwelt- und klimaschädliche Aktivitäten von Unternehmen, an denen sie beteiligt sind. Dies geht aus einer Analyse des Abstimmungsverhaltens von zehn der grössten in der Schweiz tätigen Asset-Manager hervor, die Greenpeace Schweiz heute anlässlich der GV-Saison 2024 veröffentlicht. Konkret machte die Umweltorganisation eine Stichprobe und untersuchte zehn im Jahr 2023 durchgeführte Abstimmungen bei Unternehmen, die mit ihren Geschäftstätigkeiten die Klimakrise verschärfen und die Biodiversität zerstören. Die Analyse macht deutlich: Die Banken und Versicherungen nehmen ihre Verantwortung für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, auf denen die Wirtschaft und das menschliche Leben insgesamt beruhen, nicht ernsthaft wahr. 

Das Asset-Management der UBS verzichtete zum Beispiel auf die Unterstützung eines Aktionärsantrags, mit dem die Royal Bank of Canada verpflichtet worden wäre, die Finanzierung von Öl- und Gasförderung, insbesondere von Teersand-Mining, zu begrenzen. Mehr noch: Die Bank bestätigte auch die Wiederwahl diverser Verwaltungsratspräsidenten, die für klima- und umweltschädliche Unternehmensstrategien verantwortlich sind – darunter der Verwaltungsratspräsident von ExxonMobil. BlackRock wiederum stimmte sogar gegen eine Aktionärsinitiative, die Amazon zur Offenlegung des gesamten Plastikverbrauchs und der Pläne zur Plastikreduktion aufforderte. Ein weiteres Beispiel: Swisscanto stimmte der Klimastrategie von TotalEnergies zu, obwohl diese im Widerspruch zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens steht.

Die in der Analyse berücksichtigten Asset-Manager (UBS, Credit Suisse, Pictet, Vontobel, Swiss Life, Swisscanto, Lombard Odier, BlackRock, AXA und GAM) investieren die von ihnen verwalteten Gelder, inklusive Vorsorgegelder aus der 2. und 3. Säule, in umweltschädliche Aktivitäten. Sie stellen diese Aktivitäten an den Generalversammlungen der investierten Unternehmen nicht in Frage und unterlassen es, die Unternehmen zur Reduktion ihrer Emissionen und ihres Naturverbrauchs zu verpflichten. Stattdessen bevorzugen die Asset-Manager eine kurzfristige Profitlogik.

Gleichzeitig versprechen die Asset-Manager, die Unternehmen, in die sie investieren, mit Active Ownership (auch bekannt als Investment Stewardship) nachhaltiger zu machen. Sie verpflichten sich auch öffentlich dazu, internationale Vereinbarungen zum Schutz von Klima und Biodiversität zu unterstützen. Dieses Engagement spiegelt sich jedoch nicht konsequent im Abstimmungsverhalten der Asset-Manager bei den Generalversammlungen wider.

Kommt hinzu: Viele der untersuchten Asset-Manager geben nicht bekannt, welche Massnahmen sie ergreifen, um Verwaltungsräte der investierten Unternehmen zur Rechenschaft zu ziehen, wenn diese die Nachhaltigkeitsziele nicht erreichen. Schlimmer noch, es gibt Asset-Manager, die die Gründe für ihr Abstimmungsverhalten nicht veröffentlichen. Das Asset-Management von Vontobel beispielsweise hat sein Abstimmungsverhalten vom Jahr 2023, trotz Nachfrage, noch nicht publik gemacht. 

Mit dieser Intransparenz verzichten die Asset-Manager darauf, ein wirkungsvolles Signal hinsichtlich erwartetem Klima- und Umweltschutz an die Verantwortlichen eines Unternehmens zu senden. Es ist dadurch für Anleger:innen auch sehr schwierig zu erkennen, ob ihr Vermögen im Einklang mit den von Banken und Versicherungen eingegangenen Verpflichtungen zur Nachhaltigkeit verwaltet wird.

«Die Ergebnisse unserer Analyse sind besorgniserregend», sagt Niki Vischer, Expertin für eine nachhaltige Finanzwirtschaft bei Greenpeace Schweiz und Co-Autorin des Berichts. «Wer Aktien eines Unternehmens besitzt, wird Miteigentümer des Unternehmens und muss sodann Verantwortung für die Folgen der Geschäftstätigkeiten übernehmen. Die Asset-Manager tätigen Investitionen im Namen von Anleger:innen und üben die entsprechenden Aktionärsrechte aus.» 

«Die Asset-Manager müssen ihren Einfluss geltend machen», sagt Peter Haberstich, Experte für eine nachhaltige Finanzwirtschaft bei Greenpeace Schweiz. «Sie müssen die investierten Unternehmen dazu verpflichten, Strategien zu verfolgen, die mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens und des Übereinkommens über die biologische Vielfalt im Einklang stehen. Wir erwarten, dass ihre grünen Versprechen keine Lippenbekenntnisse bleiben und die Asset-Manager ihren Worten schnell Taten folgen lassen. Die Saison der Generalversammlungen von 2024 ist nun eröffnet. Damit bietet sich den Asset-Managern die Gelegenheit, ihr Abstimmungsverhalten und ihr Engagement zu ändern.»

Zum Bericht

Gegen Klima und Natur gestimmt – (In-)Active Ownership: Asset-Manager übernehmen keine Verantwortung für Klima- und Umweltschutz. Der Bericht ist auch auf Englisch und Französisch verfügbar.

Kontakte

Die Autor:innen der Studie:

  • Niki Vischer, Expertin für eine nachhaltige Finanzwirtschaft, Greenpeace Schweiz, +41 44 447 41 15, [email protected] (Antworten auf Deutsch und Englisch)
  • Peter Haberstich, Experte für eine nachhaltige Finanzwirtschaft, Greenpeace Schweiz: +41 76 337 44 49, [email protected] 

Medienstelle Greenpeace Schweiz, +41 44 447 41 11, [email protected]