Fünfzehn Personen haben eine Beschwerde gegen das AKW Leibstadt und das Eidg. Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht, wie sie heute an einer Medienkonferenz bekannt gegeben haben. Für den Langzeitbetrieb des AKW Leibstadt, der Mitte Dezember 2024 Tatsache geworden ist, verlangen sie eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und demokratische Mitsprache. Dazu verweisen sie auf internationale Abkommen, die die Schweiz zu einer grenzüberschreitenden UVP mit Öffentlichkeitsbeteiligung verpflichten.

Das AKW Leibstadt ging nach 40 Jahren Betriebszeit am 15. Dezember 2024 in den Langzeitbetrieb über. Die Beschwerdeführer:innen wohnen alle in der näheren Umgebung des AKW Leibstadt, einzelne davon auch auf der deutschen Seite des Rheins.

Vorgehen gegen Verzögerung und Ablehnung des Gesuchs

Im Februar 2024 wendeten sie sich mit einem Gesuch ans UVEK. Sie legten dar, warum das AKW Leibstadt nach internationalem Recht eine grenzüberschreitende UVP, unter Mitsprache der betroffenen Bevölkerung, durchführen muss, bevor es den Langzeitbetrieb aufnimmt (Espoo- und Aarhus-Konventionen). Als Anfang Dezember 2024 weder eine UVP noch ein Entscheid zum Gesuch vorlag, klagten die Anwohner:innen wegen Rechtsverzögerung. Unterdessen hat das UVEK das Gesuch geprüft und abgelehnt. Gegen diesen Entscheid wehren sich die Anwohner:innen und machen dem AKW Leibstadt und dem UVEK den Prozess. Sie haben ihre Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht.

Mehr Transparenz und Klarheit gefordert

«Das AKW sei sicher, wird behauptet. Aber wieso bekommen wir dann diese Jodtabletten für den Fall eines Super-GAUs?», fragt sich Anwohnerin Katleen De Beukeleer. Sie weiss nicht, wie sie diese Wiedersprüche ihrer Tochter erklären soll. Dass sich das AKW keiner UVP unterziehen will, kommt nicht nur ihr verdächtig vor. Die Anwohnenden bestehen daher auf einer ehrlichen, transparenten und öffentlichen Untersuchung, die aufzeigt, welche Folgen der Weiterbetrieb dieser alternden Hochrisiko-Technologie für Mensch und Umwelt hat. 

Gefahr über die Grenze hinaus

«Das AKW Leibstadt steht gleich an der Grenze. Die schwerwiegenden Folgen eines Störfalls würden den Süddeutschen Raum bis weit nach Norden betreffen», verdeutlicht Anwohner Hans Eugen Tritschler, der auf der deutschen Seite des Rheins wohnt. «Wegen solchen Gefahren für Mensch und Umwelt existieren diese internationalen Vereinbarungen, an die sich auch die Schweiz halten muss. Sie verpflichten das AKW Leibstadt zur UVP, und zwar auch dann, wenn das einen gewissen Aufwand darstellt und die Ergebnisse vielleicht nicht die sind, die sich die Betreiber wünschen», betont Tritschler.


Weitere Informationen


Espoo- und Aarhus-Konventionen

Übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen («Espoo-Konvention»): Am 10. September 1997 ist das Abkommen für die Schweiz in Kraft getreten. Es verpflichtet Mitgliedstaaten Massnahmen zur Verhütung, Reduzierung und Bewältigung von erheblichen, grenzüberschreitenden nachteiligen Auswirkungen eines Vorhabens zu ergreifen. Zu diesen Vorhaben gehört auch der de facto Übergang in den Langzeitbetrieb. In so einem Fall muss eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden und haben (potenzielle) betroffene Parteien ein Mitspracherecht.

Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten («Aarhus- Konvention»): Die Aarhus-Konvention, die für die Schweiz am 1. Juni 2014 in Kraft getreten ist, beruht auf den drei Pfeilern «Umweltinformation», «Öffentlichkeitsbeteiligung bei umweltrelevanten Entscheidungsverfahren» und «Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten». Im Falle bestimmter Tätigkeiten, wozu auch der Langzeitbetrieb von Kernkraftwerken gehört, muss zuerst eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden. Zusätzlich müssen Anwohner:innen aktiv informiert werden, und sie haben ein Mitspracherecht.

 

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