Das Pariser Verwaltungsgericht hat diese Woche sein Urteil bezüglich der Klimaklage «Affaire du Siècle» verkündet: Es anerkennt die Verantwortung des französischen Staates in der Klimakrise, hält die Nichteinhaltung seiner Verpflichtungen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen für rechtswidrig und macht ihn für ökologische Schäden haftbar. In der Schweiz kämpfen die KlimaSeniorinnen für mehr Klimagerechtigkeit. Ihre Klimaklage liegt derzeit beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Ein wichtiger Entscheid könnte noch in diesem Monat gefällt werden.

Das Urteil des Pariser Verwaltungsgerichts ist ein historischer Sieg für unsere französischen Nachbarn und ein grosser Erfolg für die Organisationen und Bürger*innen, die sich seit mehr als zwei Jahren für dieses Verfahren einsetzen. Die Fondation pour la nature et l’homme, Notre affaire à tous, Oxfam Frankreich und unsere Kolleg*innen von Greenpeace Frankreich haben im Dezember 2018 die Kampagne «L’Affaire du siècle» (dt. sinngemäss: die Jahrhundertfrage) initiiert. Die Begeisterung der Bevölkerung war sofort zu spüren. Die Petition, die das Gerichtsverfahren begleitet, wurde innerhalb eines Monats von mehr als zwei Millionen französischen Bürger*innen unterzeichnet, auch von vielen prominenten Menschen. 

Ziel der Klimaklage ist es, die Versäumnisse des Staates in Frankreich anzuprangern, der trotz der Anhäufung von wissenschaftlichen Beweisen bislang nie das Ausmass der Klimakrise anerkannt hat. Seit Jahrzehnten haben aufeinanderfolgende Regierungen alles getan, um Klimaschutzmassnahmen zurückzudrängen. 

Der Gerichtsentscheid stellt einen grossen Fortschritt im französischen Recht dar. Bis jetzt hat der Staat die Unzulänglichkeit seiner Klimapolitik geleugnet, obwohl sich die Beweise für die Klimakrise häuften (z.B. Berichte des Weltklimarats). Diese Verweigerungstaktik ist nun nicht mehr opportun. Von nun an können die von den Auswirkungen der globalen Erderhitzung direkt betroffenen Menschen in Frankreich eine Entschädigung verlangen. Der Staat wird daher wahrscheinlich einem noch nie dagewesenen Druck ausgesetzt sein. Die Hoffnung ist gross, dass Frankreich dadurch endlich zu mehr Klimaschutz zu bewegen ist. 

Der Rechtsweg ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Das Gericht muss entscheiden, ob es den Staat anweist, zusätzliche Massnahmen zu ergreifen, um seine Treibhausgasemissionen zu reduzieren und seine Klimaverpflichtungen zu erfüllen. Eine neue Anhörung wird im Frühjahr stattfinden. Dieses Gerichtsverfahren zeigt das Potenzial für rechtliche Schritte, um Regierunge zu bewegen, die sich bislang weigerten, konsequent gegen den Klimawandel vorzugehen. 

Auch in der Schweiz ist dies möglich

In der Schweiz kämpfen die KlimaSeniorinnen für mehr Klimagerechtigkeit. Die Seniorinnen, die von Greenpeace Schweiz unterstützt werden, gelangten vor fünf Jahren an den Bund und ersuchten um einen verstärkten Klimaschutz zum Schutz ihrer Grundrechte auf Leben und Gesundheit. Sie stiessen nicht auf Gehör, und auch das Bundesverwaltungsgericht sowie das Bundesgericht wiesen ihre Beschwerden ab. Deshalb reichten die KlimaSeniorinnen Ende vergangenen Jahres ihrer Klimaklage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg ein. Der Fall hat das Potential, im Bereich der Klima- und Menschenrechte Geschichte zu schreiben

Der EGMR prüft derzeit, ob er sich mit der Klimaklage der KlimaSeniorinnen auseinandersetzt. Er wird darüber voraussichtlich in diesem Monat entscheiden. Wir werden euch auf dem Laufenden halten.