Die 27. Klimakonferenz der Vereinten Nationen – die COP27 – findet vom Sonntag, 6. bis Freitag, 18. November 2022 in Sharm el-Sheikh, Ägypten, statt.

Nur wenige Monate nach der Veröffentlichung der letzten beiden Berichte des Weltklimarates (IPCC) stehen wir damit an einem entscheidenden Punkt. Die Berichte wurden von führenden Klimawissenschafter:innen verfasst und richten sich an Regierungen. Sie zeigen auf, dass die Klimakrise mit der Zerstörung von Kulturen, Gemeinschaften, Lebensgrundlagen und Menschenleben bereits Realität ist. Die grossräumigen Klimaveränderungen der letzten Zeit nehmen ein bisher unbekanntes Ausmass an. Prozesse beschleunigen sich, die Folgen sind immer schlimmer.

Climate Strike in Jakarta
© Jurnasyanto Sukarno / Greenpeace. Hunderte Indonesier:innen nehmen am 23. September 2022 an einem langen Marsch zum Klimastreik in Jakarta teil.

Das laufende Jahrzehnt ist entscheidend, um weitere irreversible Schäden und Verluste zu minimieren. Gleichzeitig mit den Klimaauswirkungen verschärfen sich auch soziale Ungleichheiten. Daher muss die COP27 auch für Klimagerechtigkeit sorgen. An der COP27 müssen die Regierungen der Welt damit aufhören, Krisen mit altbekannten und ineffektiven Ansätzen lösen zu wollen. Damit fördern sie lediglich falsche Lösungen und leere Versprechungen.

Was braucht es stattdessen? Was ist die COP27 überhaupt? Und was kann die globale Klimabewegung tun?

Was ist die COP27 überhaupt?

Die Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC COP oder einfach COP) ist die jährliche Weltklimakonferenz. Dort diskutieren die Regierungen über Pläne zur Bekämpfung des Klimawandels. Dieses Jahr findet die 27. Ausgabe der COP statt.

Der diesjährige Gipfel gilt als die «afrikanische COP». Thematisch geht es um Finanzierung, Anpassungsmassnahmen sowie Verluste und Schäden. Diese Aspekte waren an der COP26 wenig thematisiert worden, sie mobilisieren nun aber zahlreiche Ländern und Gemeinschaften, die durch Klimaauswirkungen gefährdet sind.

© Vinai Dithajohn / Greenpeace. In dieser Wohnsiedlung im Bezirk Muang in der Provinz Uttaradit stehen die Strassen, Gärten und Häuser unter Wasser. Mehr als hundert Tote und Vermisste werden befürchtet, nachdem die Provinz Uttaradit und andere nordthailändische Provinzen von den schlimmsten Überschwemmungen der jüngeren Geschichte heimgesucht wurden. Wissenschaftler warnen, dass extreme Wetterereignisse aufgrund des Klimawandels das Land und andere Teile Asiens immer häufiger und stärker treffen werden.

Was macht Greenpeace an der COP?

Greenpeace schickt Vertreter:innen an die COP: Politische und wissenschaftliche Expert:innen, Aktivist:innen und Menschen, die an vorderster Front von der Klimakrise betroffen sind. Diese verfolgen die Debatten und sorgen dafür, dass die Politik ihnen zuhört.

Ein weiterer Schwerpunkt von Greenpeace ist die Unterstützung und Zusammenarbeit mit Basisgruppen und Vertretungen von Menschen, die von den Entscheidungen der COP27 am direktesten betroffen sind. Obwohl sie kaum zum Klimawandel beigetragen haben, sind gerade diese Communities am stärksten von der Klimakrise bedroht.

Wer wird an der COP27 teilnehmen und wer muss sich stärker engagieren?

Die Teilnehmenden sind Regierungsvertreter:innen sowie Staatschef:innen aus der ganzen Welt, zudem Vertretungen aus Zivilgesellschaft, NGOs, Unternehmen, Glaubensgemeinschaften und Wissenschaft sowie weitere Kreise wie Delegationen indigener Völker. Auch Medien aus aller Welt werden anwesend sein. 

Vor allem die politische Führung der reichsten Nationen muss einen klaren politischen Willen zeigen, ihre aktuellen Pläne deutlich schneller umzusetzen. Obwohl die G20-Länder für knapp 80 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich sind, haben etliche dieser Staaten ihre Klimapläne im Vorfeld der COP27 noch nicht angepasst, insbesondere die USA, Indien, China, Australien, Saudi-Arabien, Russland und Brasilien. Vor allem muss die COP27 dafür sorgen, dass Unternehmen, Regierungen und Geldgeber des aktuellen Systems dringend Massnahmen ergreifen, um Schäden zu vermeiden. Auch müssen diese Akteure die politischen, sozialen und finanziellen Kosten für Klimaschäden tragen, die sie wissentlich verursacht haben.

Im Kern geht es bei dieser Konferenz darum, Gerechtigkeit zu schaffen. Wer muss für die bisherigen Verwüstungen durch die Klimakrise aufkommen? Die Umweltverschmutzer, die von den Sektoren profitieren, welche die Krise verursachen? Oder die Menschen, die am stärksten von den Auswirkungen betroffen sind – indigene Völker, direkt bedrohte Communities und junge Menschen auf der ganzen Welt? Wer unsere Gegenwart zerstört, muss für die Zukunft zur Rechenschaft gezogen werden.

© Geric Cruz / Greenpeace. Die Klimaaktivistin und Überlebende des Super-Taifuns Yolanda (Haiyan) Joanna Sustento beginnt einen unbefristeten Einzelprotest vor dem philippinischen Hauptsitz von Shell, um Klimagerechtigkeit zu fordern. Der Protest verdeutlicht die enorme Rolle, die Unternehmen für fossile Brennstoffe wie Shell bei der Verursachung der Klimakrise spielen, sowie die Ungerechtigkeit und das Leid, das gefährdete Gemeinschaften auf den Philippinen und in der ganzen Welt erfahren. Greenpeace fordert Shell auf, den Klimanotstand zu erkennen, den Ruf der Gemeinden nach Gerechtigkeit zu hören und einen raschen und gerechten Übergang zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen einzuleiten.

Was ist an der diesjährigen COP wichtig?

Es gibt nur wenige grosse Themen, zu denen an dieser COP Entscheide anstehen. Die Bedeutung der COP27 liegt vor allem in möglichen Fortschritten betreffend politische Fragen (etwa zur Finanzierung von Verlusten und Schäden) und weniger in der Verabschiedung von Grundlagendokumenten. Grundsätzlich gilt: Je länger die Regierungen mit Massnahmen zögern, desto schwieriger wird es, die Klimakrise zu bewältigen.

Wie steht die Schweiz da?

Damit die COP27 tatsächlich dazu beiträgt, die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen, müssen die Schweiz und die anderen reichen Länder ihre weitgehend unzureichenden Klimastrategien dringend verbessern und Verantwortung übernehmen. Sie müssen sich verpflichten, die Bewältigung von Verlusten und Schäden durch Klimakatastrophen ausreichend zu finanzieren.

Internationale Analysen, die die Klimaschutzbemühungen einzelner Länder vergleichen, zeigen die Mängel der Schweizer Klimapolitik deutlich auf:

  • Die Schweiz hat die Klimaschutzverpflichtungen für 2020 verfehlt und steht für 2030 nicht besser da: Würden sich alle Länder an den Ambitionen der Schweiz orientieren, dann würde sich der Planet gegenüber dem vorindustriellen Niveau um bis zu 3°C aufheizen. Damit ist die Zukunft der Menschheit gefährdet. 
  • Statt einer Reduktion der Treibhausgasemissionen von 50 Prozent bis 2030 müsste die Schweiz im Inland mindestens 61 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 erreichen. Dies ohne Gegenrechnung von Emissionsreduktionen, die in anderen Ländern erzielt werden. Solche Reduktionen müssen zusätzlich zum Inlandziel erbracht werden und in der Summe dazu führen, dass die Schweiz bis 2030 mehr Emissionen reduziert als 1990 insgesamt ausgestossen wurden. 
  • Die Regulierung der Finanzflüsse bleibt ein riesiges Problem. Auch sieben Jahre nach Verabschiedung des Übereinkommens von Paris fehlen in der Schweiz verbindliche Vorgaben zur Reduktion der durch den Finanzplatz und damit auch die Schweizerische Nationalbank verursachten weltweiten Klimaschäden. Der Schweizer Finanzplatz befeuert derzeit eine globale Erhitzung von 4°C. Hier muss rasch korrigierend eingegriffen werden, der Schweizer Finanzplatz ist der grösste Klimaschutz-Hebel der Schweiz.
  • Die Position der Schweiz bezüglich der Finanzierung einer klimafreundlichen Entwicklung sowie von Klimaschäden in Ländern, welche in der Vergangenheit vergleichsweise wenig zur Klimaerhitzung beigetragen haben, lässt ebenso zu wünschen übrig. Statt neue Gelder bereitzustellen, um das global bedrohende Problem zu lösen und Leid zu mindern, werden Gelder aus der Entwicklungszusammenarbeit umgewidmet und mit privaten Krediten schön gerechnet. 
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Was fordert Greenpeace konkret an der COP27?

Um Klimagerechtigkeit zu erreichen und den Temperaturanstieg gemäss Pariser Abkommen von 2015 auf 1,5°C zu begrenzen, braucht es seitens der COP27 folgende Schritte:

1. Rasche und angemessene finanzielle Mittel sowie technische Hilfe für die am stärksten betroffenen Länder und Gemeinschaften

Reiche Länder, die historisch die Umwelt geschädigt haben, müssen höhere Beiträge an eine globale Finanzierungsfazilität zur Deckung von Verlusten und Schäden leisten. Die bestehenden finanziellen Regelungen zur Bewältigung der Kosten der Klimaauswirkungen sind ungenügend. Die Unterstützung betroffener Länder und Gemeinschaften bei der Bewältigung vergangener, aktueller und künftiger klimabedingter Katastrophen muss Vorrang haben. Die Verursacher müssen für die Kosten aufkommen.

2. Rascher Ausstieg aus fossilen Energien und Halbierung der Treibhausgasemissionen bis 2030, auf dem Weg zu Netto-Null

Die Schlusserklärung der COP muss den vollständigen Ausstieg aus fossilen Energien festlegen und zudem Verpflichtungen im Bereich Nationale Klimabeiträge (NDC) sowie Pläne für einen gerechten Übergang enthalten. Dies bedeutet: Keine neuen Ölquellen, keine neuen Kohlekraftwerke, keine neuen Kohlebergwerke und keine neuen Gasprojekte. Die Verpflichtung zum sofortigen Stopp aller neuen fossilen Projekte muss einen gerechten Übergang für Arbeitnehmende und betroffene Gemeinschaften vorsehen.

3. Zugang zu Finanzen für Länder mit niedrigem Einkommen, damit diese sich auf die Auswirkungen des Klimawandels vorbereiten und ihre Wirtschaft dekarbonisieren können.

An der Klimakonferenz von Kopenhagen 2009 verpflichteten sich die reichen Nationen, Länder mit niedrigem Einkommen bis 2020 mit 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr zu unterstützen. Dieses Versprechen wurde nicht erfüllt. Die Regierungen reicher Länder müssen dringend ihren Beitrag zur Klimafinanzierung erhöhen, insbesondere zur Unterstützung von Anpassungsmassnahmen.

4. Kopplung von Naturschutz und Bekämpfung des Klimawandels

Wir stehen nicht nur vor einer Klimakrise, sondern auch vor einer Krise der Natur und der Artenvielfalt. Schutz und Wiederherstellung der Natur sind entscheidend für die Bewältigung dieser Krisen, müssen aber parallel zum dringenden Ausstieg aus fossilen Energien und zur Reduktion der Emissionen erfolgen. Sämtliche Lösungen müssen unter aktiver Beteiligung der indigenen Völker und der lokalen Gemeinschaften umgesetzt werden. Die Regierungen müssen die bedeutende Rolle anerkennen, die die Natur für die Minderung und Anpassung an den Klimawandel sowie als kulturelles und spirituelles Symbol und auch als Habitat einer vielfältigen Flora und Fauna spielt.

© Tedy Kroen / Greenpeace. Menschen mit und ohne Fahrzeug versuchen, die überflutete Strasse in Jakarta zu durchwaten. Seit dem 31. Dezember 2019 wurden die Provinzen Jakarta, West-Java und Banten von schweren Überschwemmungen heimgesucht, die durch starke Regenfälle in diesen Provinzen verursacht wurden. Mindestens 21 Menschen starben und Tausende von Menschen mussten ihre Häuser verlassen.

Was können wir in Bezug auf die COP27 tun?

Die COP27 kann zwar ein Forum für dringend nötiges politisches Handeln zum Schutz des Klimas sein. Dennoch braucht es weiterhin den Druck der globalen Klimabewegung vor Ort und weltweit, damit Regierungen und andere wichtige Akteure so schnell wie möglich substanzielle CO2-Einsparungen aushandeln.

Es ist ermutigend, dass Bewusstsein und Engagement stetig zunehmen. Schüler:innen organisieren globale Klimastreiks, Millionen Menschen gehen dafür auf die Strasse. Bei Wahlen steht die Klimakrise zunehmend im Fokus. Immer mehr Gruppen und betroffene Gemeinschaften klagen vor Gericht für Klimagerechtigkeit und gewinnen. Die Macht der einfachen Menschen wirkt und die Bewegung wird von Tag zu Tag stärker.

All dies bedeutet nicht unbedingt, dass bei den grossen Themen in Sharm el-Sheikh ein Durchbruch möglich ist. Es kann gut sein, dass ein solcher Durchbruch ausbleibt, aber wir hören deswegen nicht auf zu kämpfen. Die globale Bewegung unter der Führung von indigenen Völkern, betroffenen Gemeinschaften und jungen Menschen wird dort weitermachen, wo die politische Führung versagt und dabei noch wirkungsvoller und beeindruckender agieren.

© Anne Barth / Greenpeace. Am 21. Juni 2019 findet in Aachen der erste internationale, zentrale Klimastreik von «Fridays for Future» mit Teilnehmern aus mindestens 16 Ländern statt. Die Aktivisten demonstrieren für eine schnelle und verantwortungsvolle Klimapolitik. Das Motto der Kampagne lautet: «Klimagerechtigkeit ohne Grenzen – Gemeinsam für eine Zukunft».