Japan bereitet sich derzeit auf den 11. Jahrestag des Atomunfalls in Fukushima vor. Gleichzeitig werden in der Schweiz und in Europa zahlreiche Stimmen laut, die argumentieren, dass die Kernenergie eine entscheidende Rolle spielen könnte, um sich aus der Abhängigkeit von fossilen Energien zu befreien. Greenpeace Schweiz beleuchtet in einem neuen Themenpapier die verfügbaren Technologien und ihre Machbarkeit in der Schweiz. Das Fazit ist klar: Die Atomkraft wird das Klima nicht retten. Greenpeace Schweiz fordert, dass der endgültige Atomausstieg, der 2017 in einer Volksabstimmung bestätigt wurde, nicht infrage gestellt wird. In einer Zeit, in der die Besorgnis über die Situation der ukrainischen Atomkraftwerke wächst, wird deutlich, dass die Schweiz die richtige Wahl getroffen hat. 

Der jüngste Entscheid der EU-Kommission, die Atomkraft im Rahmen der Taxonomie als nachhaltig einzustufen, und die unerwartete Kehrtwende der FDP in der Atomfrage scheinen auf ein Comeback der Kernenergie hinzudeuten. Die Realität der zivilen Atomindustrie sieht jedoch ganz anders aus. Die vorhandenen Technologien spielen keine entscheidende Rolle bei der Dekarbonisierung des Energiesystems und damit bei der Erreichung der Klimaziele des Pariser Abkommens. Hauptsächlich deshalb, weil es mit diesen Technologien nicht möglich ist, die Treibhausgasemissionen bis Ende des Jahrzehnts zu reduzieren. Das ist jedoch entscheidend, um die globalen Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen, wie im Pariser Abkommen festgelegt.  

Greenpeace Schweiz hat sich einen Überblick über die Technologien verschafft, die von der Atomindustrie als die modernsten bezeichnet werden. Die überwiegende Mehrheit dieser Technologien beruht nach wie vor auf der Kernspaltung. Damit können die mit der Radioaktivität verbundenen Risiken nicht beseitigt werden. Die Katastrophe von Fukushima und die aktuelle Situation in der Ukraine verdeutlichen die Gefahren, denen die Bevölkerung durch die Kernenergie ausgesetzt ist – in Friedens- und in Kriegszeiten. Zudem gibt es derzeit keine erprobte Lösung für die langfristige Entsorgung von Atommüll, und es besteht das Risiko einer Nutzung zu militärischen Zwecken (Proliferation). Schlimmer noch: Bei den Reaktoren der sogenannten «dritten Generation» häufen sich die Bauverzögerungen und Mehrkosten. Dies gilt vor allem für die sogenannten Evolutionären Leistungsreaktoren (EPR), deren Bau und Inbetriebnahme eine echte Herausforderung darstellen. 

Realistischere Lösungen sind vorhanden

Die von Greenpeace Schweiz bei Expert:innen für die Dekarbonisierung von Energiesystemen in Auftrag gegebenen Energieszenarien zeigen, dass es möglich ist, sich aus der Abhängigkeit von fossilen Energien zu befreien und gleichzeitig frühestens 2029, spätestens aber 2034 aus der Kernenergie auszusteigen. Um dies zu erreichen, gilt es, auf der bestehenden Wasserkraft aufzubauen, die Photovoltaik rasch und massiv auszubauen sowie die Energieeffizienz zu steigern. So kann das Geld, das im Ausland für den Import von Gas und Öl ausgegeben wird, vor Ort investiert werden, während die Sicherheit der Bevölkerung gewährleistet ist. 

«Im Kampf gegen die Klimakrise ist die Atomenergie nichts anderes als ein gefährliches Hirngespinst», sagt Georg Klingler, Klima- und Energieexperte bei Greenpeace Schweiz. «Das von den Befürworter:innen der Kernenergie verfolgte Ziel besteht darin, die bestehenden Reaktoren so lange wie möglich in Betrieb halten und so eine Energiewende auf die lange Bank schieben zu können. Mit einer Energiewende könnten wir aber echte Energieunabhängigkeit erreichen und Zehntausende von Arbeitsplätzen schaffen. Die Wissenschaft spricht Klartext: Je länger wir mit der Dekarbonisierung unseres Energiesystems zuwarten, desto verheerender werden die Auswirkungen der globalen Erwärmung für die gesamte Menschheit.» 

Greenpeace Schweiz fordert den Bund auf, der Gletscher-Initiative zuzustimmen und insbesondere ein definitives Verbot fossiler Energien zu verabschieden. Greenpeace Schweiz fordert zudem, dass die Ziele des Energiegesetzes (EnG) angepasst werden, um einen raschen Ausbau der erneuerbaren Energien (ohne Wasserkraft) und der Energieeffizienz in unserem Land zu ermöglichen. Schliesslich fordert Greenpeace Schweiz, dass der Entscheid zum definitiven Atomausstieg, der in der Volksabstimmung 2017 angenommen wurde, nicht infrage gestellt wird.


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