Die Corona-Krise ist auch eine Krise für die Landwirtschaft. Bauern haben Schwierigkeiten, ihre Produkte zu ernten und zu verkaufen. Hier muss geholfen werden. Gleichzeitig ist die Krise jedoch auch eine Chance für einen Paradigmenwechsel hin zu einer ökologischen Landwirtschaft, welche die Tiere besser achtet sowie das Klima und die Biodiversität schützt und die Versorgungssicherheit erhöht.

Der Ausbruch von Covid-19 betrifft derzeit alle Wirtschaftszweige. Der Bund und die Kantone sind zurecht dabei Nothilfemassnahmen für Unternehmen, Arbeitnehmer und Selbständige zu ergreifen. In einer zweiten Phase müssen jedoch öffentliche Gelder in Konjunkturpakete investiert werden. Wir glauben, dass dies eine einzigartige Chance ist, unsere Wirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit und echtem Klimaschutz zu bewegen und damit unsere Gesellschaft robuster gegen mögliche künftige Krisen zu machen. Dies gilt insbesondere für die Landwirtschaft und die Lebensmittelindustrie.

Landwirtschaft ist von der Corona-Krise besonders betroffen

Wegen fehlenden Arbeitskräften kämpfen die Bauern um ihre Ernten und die vielen Aufgaben, die zu Beginn des Frühjahrs zu erledigen sind. Mit der Schliessung von Geschäften, Märkten und Restaurants haben viele von ihnen Schwierigkeiten, ihre Produkte zu verkaufen. Es versteht sich von selbst, dass es in dieser Zeit dringend notwendig ist, die Landwirte und die Beschäftigten im Agrarsektor zu unterstützen, denn sie sind von grundlegender Bedeutung für unser Land: Sie sind es, die uns ernähren. Greenpeace Schweiz führt seit Jahrzehnten eine Kampagne zum Thema Landwirtschaft. Wir kritisieren das derzeitige Modell der Intensivierung und Industrialisierung der Produktion und wollen weg von synthethischen Pestiziden und der Verschwendung von Nahrungsmitteln. Der Fokus auf die Tierhaltung im In- und Ausland verursacht massive Umweltschäden. Dazu gehört die Abholzung von Urwäldern und die Zerstörung natürlicher Ökosysteme für die Produktion bestimmter Rohstoffe (Schokolade, Kaffee, Palmöl) oder die Herstellung von Futtermitteln für Schweizer Tiere. Für uns geht es darum, den Boden, das Klima und die biologische Vielfalt insgesamt zu schützen.

Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion und Gesundheitsrisiken

Die gegenwärtige Krise erinnert uns daran, dass die Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion auch Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit haben kann. Während die genauen Ursprünge von Covid-19 immer noch Gegenstand wissenschaftlicher Debatten sind, werden Viren bzw. Zoonosen immer wieder von Tieren auf den Menschen übertragen. Mit der Zerstörung natürlicher Lebensräume und der Abholzung der Wälder steigt dieses Risiko stark an.

Die Futtermittelproduktion, hier in der Region Mato Grosso in Brasilien, führt zur Abholzung und Zerstörung von natürlichen Lebensräumen.

Die intensive Landwirtschaft ist heute die Hauptursache für die globale Entwaldung, womit Platz geschaffen wird für die Futtermittelproduktion und für die Weidewirtschaft. Die Intensivierung der Landwirtschaft bedeutet auch, eine sehr grosse Anzahl von Tieren zu halten, und dies auf engstem Raum. Dies gilt vor allem für die Geflügelproduktion, wo in Fabrikfarmen zehntausende Vögel an einem einzigen Produktionsort ein elendigliches Dasein fristen. Neben dem Leid für die Tiere, sind dies ideale Bedingungen für die Vermehrung und Mutation von Viren. Wenn diese Viren auf den Menschen übertragen werden, kann es zu Epidemien oder sogar Pandemien mit zum Teil tödlichen Folgen kommen. Dies gilt insbesondere für die Grippeviren H5N1 und H7N9, die 2003 bzw. 2013 von Nutztieren auf den Menschen übertragen wurden. Um zu verhindern, dass diese Stämme eine Pandemie auslösen, wurden Millionen Tiere grausam gelyncht.

Die Konzentration tausender genetisch eng verwandter Tiere kann die Entwicklung und Mutation potenziell gefährlicher Viren begünstigen.

Ökologische Landwirtschaft muss das Ziel sein

Es gibt also zig gute Gründe, das derzeitige Intensiv-Modell aufzugeben zugunsten einer  Landwirtschaft, die ökologischer, lokaler und tierfreundlicher ist. Eine solche Verlagerung wird nicht nur das Klima und die natürlichen Lebensräume der Tiere schützen, sondern auch unser Ernährungssystem robuster machen, indem sie die Versorgungssicherheit erhöht, aber auch die Gesundheitsrisiken verringert. Wir fordern darum von Bund und Kantonen, die langfristigen Massnahmen zur Stützung der Schweizer Wirtschaft dafür zu nutzen, um unsere Wirtschaft inklusive Landwirtschaft klimafreundlich und krisenresistenter zu machen.